Reflexionen über die zentrale gesellschaftliche Herausforderung für
das zweite Viertel des 21. Jahrhunderts: des Menschen Anastasis
von J Michael Heynen
I. Was war es?
Die internationalen Gesellschaften starteten aus der Gewissheit der Erfahrungen des 20. Jahrhunderts in die Ungewissheiten des 21., dennoch: die Erkenntnisse aus den empirischen Befunden wurden wohl weitgehend ignoriert. Und gleich zu Beginn wurde – in strategisch-konsequenter und post-imperialer Manier – das alte fatale Spiel der künstlich dramatisierenden Antagonismen wieder aufgenommen, diesmal weitgehend internationalisierend und militarisierend. Das rein spekulative Narrativ vom „Kampf der Kulturen“ wurde zum Paradigma simpler Leute und ihrer Führer, schließlich zur Normativität staatlichen Handelns aus globalisierenden egomanischen Projektionen.
9/11 prägte dann auch in alten bitteren Mustern und Gewalteskalationen den weiteren Weg des ersten Viertels: die Fragmentierung des fragilen internationalen Systems sowie die intendierte Entropie der „Demokratie“ durch die endgültige Aufgabe von Transparenz und Integrität für Findungsprozesse von Wahrheit und Gerechtigkeit. Die offensichtliche Irreversibilität dieser Entwicklung wurde dann Jahre später durch zivilisatorische Maßnahmen wie Epidemien global zusätzlich verstärkt. Die Auflösung jeder Ordnung als Grund und Bedingung der Freiheit führte im Zeitraffer direkt über das 20. zurück ins 18./19. Jahrhundert: diesmal ein geopolitischer Irrgarten als sog. Weltordnung.
II. Das omnipotente Ego des Unterbaus
Dieser systematisch initiierte und expandierte Prozess – gezielte Konflikteskalation, ersatzlose Ordnungsauflösung bei gleichzeitig politisierter Bürokratieexplosion, staatlich selbstüberschätzendes „Regieren“, in der Regel inkompetentes Führungspersonal, individuelle Freiheiten nur noch als „Diaspora“ etc. - bewirkt die flächendeckende Vaporisierung von Gesellschaften und Staaten sowie ihre konstituierende Verbindung zur Legitimation von Staatlichkeit.
Vor allem vormals demokratisch verfasste Gesellschaften wurden durch kollektivistisch materialisierende Ideologien quantitativ konditioniert statt auf der Basis der Autonomie des Subjekts qualitativ determiniert vertieft und dynamisiert zu werden. In Konsequenz haben sich auch die sog. demokratischen Ordnungen der internationalen Beziehungen als reine Interessenpolitik in endlosen Antagonismen und Doppelstandards verstrickt und also eliminiert. Der sog. „demokratische Universalismus“ outete sich folglich selbst als imperiale wie feudalisierende Strategie und endete in der Sackgasse: „The West and the Rest“!
Renaissance, Aufklärung, Westfälischer Friede fielen egomanischen Machtprojektionen zum Opfer - technisch-ökonomisch, nihilistisch materiell unterlegt und trans-humanistisch camoufliert: Statt aus dem Überbau sinn- und friedensstiftend Gegenwart und Zukunft zu beherrschen, wird der Unterbau aus der Realität und ihrer „Normativität des Faktischen“ zur alleinigen Modalität des Regierens, also illegitim und notwendigerweise Gewalt eskalierend. - Gesellschaften bestellten also den Staat, um am Ende als egomanische Projektionsfläche entkoppelter Staatlichkeit zu dienen und auch schon bald durch vollkommene Substanzentleerung sich wieder selbst überlassen zu werden: Der Neuanfang!
III. Ein Weg daraus?
Das erste Viertel des 21. Jahrhunderts, seine multi-kausalen wie -lateralen Krisen und Konflikte beweisen endgültig die Untauglichkeit, die faktische Realität aus ihrer Immanenz zu regieren. Menschliches Leben heisst wählen, dabei heisst wählen aber nicht, aus den Realitätsbedingungen die jeweils egozentrisch passende auszusuchen, desweiteren heisst es vor allem nicht, die Konstanten des kosmischen Gesetzes egomanisch zu biegen, sondern im Gegenteil: die Bedingungen der Realität aus der Bestimmung des kosmischer (kognitiver) Gesetzlichkeit zu gestalten und zu ordnen. Nur so entsteht die individuelle Freiheit und Kreativität des Subjekts. Und eben hierin liegt der auch wohl einzige Ausweg aus der zivilisatorischen Krise, die Zukunft zu erreichen und menschenwürdig zu gestalten.
Wer diese Krise und ihre Ursachen erkennt, öffnet automatisch zu Transition und Transformation: zur Emanzipation im Sinne endgültigen Erwachsenwerdens, zur Rekonnektierung innerer und äußerer Welten (das Bewusstsein zuerst und als treibende Kraft) sowie die Rückkehr menschheitlicher Entwicklung in den Evolutions-Grid universeller Schöpfungslogik (Teilhard de Chardin) – aus voller Selbstermächtigung und Selbstbestimmung, legitimiert aus individueller Universalität.
Das endgültige Ende zivilisatorischer Entwicklung wird zum Neuanfang aus Rekonnektierung mit der eigentlichen Gestaltungsmacht: aus der Wiederverbindung mit der inneren Welt / Selbst als Grundlage eines emanzipierenden Selbst-Bewusstseins wird die zivilisatorische Welt neu gestaltet, aus der realen Welt innerer Selbst-Bestimmung des Individuums als sich verantwortender Träger menschlicher Weltentwicklung.
Diese Art von kopernikanischer Wende, der Quantensprung in das und aus dem Selbst, beschreibt Freiheit und Ordnung aus kreativer Humanität. Eine solche grundsätzliche Wende vom Materiellen zum Immateriellen, von der Materie zur Führung aus Geist und Bewusstsein ist die Maßgabe menschlicher Entwicklung im 2. Viertel des 21. Jahrhunderts. Damit beginnt die eigentliche Entwcklung der Menschheit: vom Heranwachsenden zum Erwachsenen. Die damit verbundene Rückkehr zur Führung aus geistigen Substanz ist zugleich der endgültige Wiedereintritt in den schöpfungsgemäßen Evolutionsprozess als zentrale zivilisatorische Leistung des Menschen: vom Objekt zum Subjekt, zum Ko-Kreator der Schöpfung!
Das aktuell noch laufende Anthropozän ist die historische Verbindung von Transition und Transformation in die vom Selbst dynamisierte Nousphäre, dem den Menschen aufnehmenden Gestaltungs- und Resonanzraum seines menschenwürdigen Lebens – individuell und gesellschaftlich selbst determiniert und equlibriert: eine Art Anastasis von der seelentoten Person zum Menschen aus Geist und Bewusstsein, dem „Adler Phoenix aus der Asche!“
J Michael Heynen
Montana, Curacao
22.11.2025
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