Montag, 9. Juni 2025

METANOIA UND WELTORDNUNG

 

Reflexion von J Michael Heynen




I   „State“ of the Art?


Die Welt könnte im „ewigen Frieden“ leben, wenn der innere Friede des individuellen Selbst eine real bestimmende Grüße wäre. Ideen und noumenale Normativität sind in hoch-zivilisatorischer Weise entwickelt und sind jedenfalls formal gültig. Regionale Friedensphasen sind erlebbar – eine Blaupause für das Grosse, das Ganze? Was ist das „missing link“ zwischen einer Weltordnung des Friedens, der prinzipiellen Universalität des „ewigen Friedens“, und dem daraus abgeleiteten Unterbau zur Verlebendigung tatsächlicher Friedlichkeit?


Die wahre „Staatskunst“ einer Regimebildung universellen Friedens ist nicht erkennbar, obwohl die Staatenwelt ihre Verantwortung dafür reklamiert. Im Gegenteil: Die Ordnung der Staaten tendiert zur Auflösung, zur Vertiefung von Divergenz und egozentrischer „Machtvollkommenheit“ neo-imperialistischer Prägung.


Das internationale System der Staatenwelt und seine Friedensfähigkeit beschreibt im wesentlichen ein systematisches Staatsversagen. Der innere Zustand wird in der Außenpolitik reflektiert: Legitimationsfreie Machtpolitik bedingt Menschen abgewandtes Regieren bzw Verwalten und folglich formal stabilisierende Interessen- und Geopolitiken klassisch imperialistischer Prägung. Kluge, weitsichtige wie real legitimierte Politik sind eher seltene Ausnahmen, nicht mal die Fähigkeit zur Konfliktlösung ist identifizierbar. Selbst ein nur abstrakter „guter Wille“ ist undenkbar. Staatsgewalt in ihren heutigen Erscheinungen bewegt sich weiter zunehmend im Gegensatz zur Denkgesetzlichkeit jedenfalls der Vernunft. Staatskunst erscheint irreversibel vorbei. Was bleibt? - Der Mensch in Transition …



II   Metanoia in Gesellschaften


Das Leben des Menschen ist vor allem Wählen und Verantworten. Dies gilt umso mehr, als die physische Schöpfungsgesetzlichkeit erfüllt ist, Sein und Haben begriffen sind. Der Sinn des Lebens erfüllt sich freilich nicht im Unterbau der Existenz, sondern aus der Denkgesetzlichkeit des Überbaus. Mit dem Erreichen des Anthropozän kann endgültig als gesichert gelten, dass der Mensch eine Weiterentwicklung, seine zentral wesentliche Emanzipation nicht weiter aufschieben kann, sondern sich mit der Gesetzlichkeit der Gesamtevolution wieder zurück verbindet. Diese Konversion bzw Transition, der Übergang ins Noozän, hat schließlich schon längst begonnen, dennoch der „kopernikanische“ Schritt in die Zukunft gestaltende Vrwandlung hat einen zentralen Einstiegspunkt: die Metanoia.


Auch unabhängig von Staatensystem und Staatenwelten, ihren formalen Souveränitäten und Monopolen: Das Umdenken, die eigene Ermächtigung zur Selbstbestimmung steht lange an und ist jetzt in die Erfüllung zu bringen. Aus dem individuellen Selbst und seiner Rückverbindung ist Leben zu vergeistigen und Geist zu verlebendigen. Das Bewußtsein bestimmt das Sein, innere Führung steuert die äußeren Bedingungen der Existenz. Denken und Fühlen schöpfen Sinn und Qualität des Lebens sowie die zukünftige Entwicklung. Und Wahrnehmung und Empfindung, Imagination und Phantasie, Kontemplation und Glaube / Mystik, Sensibilisierung und sinnlich-aesthetische Selbsterfahrung und -erkenntnis sowie Meditation und Reflexion, kognitive und Erkenntnisprozesse im inneren Raum des Menschen sichern die Grundlage der Interaktion in den äußeren Räumen, vor allem als Resonanzräumen.


In daraus erzeugter Freiheit und Bindung des Selbst wird die Verantwortung im gesellschaftlichen Raum erzeugt. In offener Wahrnehmung und Kommunikation sowie in ständiger Equilibrierung werden Ideen und Willen synergetisch verschränkt und erhöht. Der „kategorische Imperativ“ ist jeweils konsequent zu fazilitieren, Staaten und ihr Regieren – soweit noch erforderlich – sind dann reine Koordinierungsinstanz gesellschaftlichen Willens. Der dafür fällige Einstieg, die dazu erforderliche individuell-gesellschaftliche Metanoia ist also dringend einzuleiten: Krisenkonversion ist hier vor allem zugleich eine Art Reset in die evolutionäre Entwicklung nach langen Blockaden.



III   Evolution und Emanzipation: Homo Genesis


Wie oben erwähnt, die physische Evolution eben des Homo Sapiens ist im wesentlichen abgeschlossen; und damit ist die existentielle Seinsorientierung und Lebensphilosophie bisheriger Prägung erreicht und finalisiert. Mit der kopernikanischen Wende vergleichbar – und doch von wesentlicherer Bedeutung – steht jetzt der Homo Genesis im Mittelpunkt weiterer Evolutionsentwicklung des Menschen.


„… Dieser Mensch, der Homo Genesis, ist kein Übermensch, also Humanoid oder Transhuman, umso mehr aber transpersonal, ein humanes Wesen, ein Kulturmensch. Denn er emanzipiert sich aus der äußeren Egozentrik hin zur Zentralität seines je führenden, abgeleiteten Selbst. Denkende, reflektierende, meditierende, kontemplierende und fühlende Kapazitäten bestimmen seine innere Führung und die radial treibende Kraft seines Seins. Diese ist nicht mehr ego-kompetitiv, sondern Konsequenz innerer unbegrenzter Universalität und Totalität, dann im äußeren equilibriert als gesellschaftliche Kapazität. Mit dieser ins Unendliche geöffneten Schubumkehr verbindet sich das Bewusstsein des Menschen mit der Noosphäre als ewigem Resonanzraum kreativer Individualität und zugleich kosmisch-normativer Universalität. Nach (zu) lange spät-pubertierender Entwicklung tritt die Evolution des Menschen ein in ihre eigentliche Determination, die bedingte Realität aus der bestimmenden Noumenalität zu gestalten und zu beherrschen. Im Selbst des Homo Sapiens ruhen die Gründe und Potentiale der Aktivierung des humanen Menschen, denn der Homo Genesis ist schon länger präsent in ihm und bedarf seiner überfälligen emanzipativen Metamorphose.


Der Homo Genesis ist kein neuer Mensch, aber ein transformierender Mensch: Das Sein wird aus dem Bewusstsein, also von innen nach außen gelebt. In dieser aktuellen Transitionsentwicklung kommt es zugleich zentral darauf an, dass sich nicht nur das Individuum als Homo Genesis begreift und erfährt, sondern dass sich daraus zunehmend ein verstetigendes kollektives Bewusstsein als Kulturmensch konstituiert. Im Übergang wird dieser Prozess eher als Eliten bzw. Minderheiten basiert erscheinen, da insbesondere jede Art von Über-Ich-Generierung der Masse und ihrer „demokratisch“ quantitativen Verfahren durch Verstand, universelle Denkgesetzlichkeit und also geistige Legitimation auszuschließen ist (Überwiindung eines klassischen Phänomens vergehender Ego-Welten und ihrer kompensierenden Ersatzprojektionen). ...“

Quelle: https://weltmacht-selbst.blogspot.com/2025/03/homo-genesis.html



IV   Bewusstsein und Noumenalität


Individuell-gesellschaftliche Führung wird noch im ersten Schritt der Metanoia unerlässliche Introspektion / Introversion erfahren und einstellen: eben innere Führung aus dem Bewusstsein, aus innen nach außen, aus Geist in die Verlebendigung des äußeren Raums. Das Selbst bestimmt sich zuerst selbst und stimuliert / fazilitiert dann die zu equilibrierenden Bedingungen des Seins. Nach der Metanoia konstituieren sich dann die Gesellschaften aus individuellen Trägern offenen, kreativen Geistes in gegenseitig lernendem, synergetischem und transformativem Diskurs.


Dementsprechend werden auch inner- und zwischengesellschaftliche Konflikte als konsequente Lösungs- und Optimierungschancen begriffen. Die Zeit divergenten Austrags konkurrierender, egozentrischer Machtsurrogate und Missbrauch abgeleiteter Staatlichkeit ist dann vorbei und nur noch historisches Lehrstück verirrter Machtsysteme (verabsolutierter Unterbau). Vor allem das oberste Gebot gesellschaftlicher Gerechtigkeits- und Wahrheitsfindungsprozsse wird endlich einer realen Substanz zugeführt.



V   Weltordnung – Transition und Zukunft des Menschen


Im Prozess der Weltgeschichte wurde mehrheitlich nicht nur die umfassende Führung der Aristokratie abgelöst, sondern aus den Freiheitsbewegungen der moderne Staat entwickelt. Nur der freiheitlich-demokratische Verfassungsstaat hat eine zeitweise Nähe zu diesen Idealen entwickeln können. Auch hier wurde der Rechtsstaat jedenfalls westlicher Prägung ausgehöhlt, politisch-ideologisches, oligopolistisches Regieren nutzt weitgehend nur noch die historische Form. Der Staat wurde zum Artefakt, zur paternalistischen Projektionsfläche freien Willens. Eine reale Legitimation von Regieren ist vaporisiert.


In Konsequenz zu dieser Diskonnektierung von Menschn und Repräsentanz – nach westfälischem Frieden, Wilson, UN, Erreichen hohen Normativitätniveaus internationalen Rechts – konnte das internationale Systeme lediglich kürzere Phasen tendenzieller Friedensordnung beschreiben. Eine Weltordnung in refenzierender Legitimation von Machtprozessen aus dem Willen des „freien Bürgers“ existiert nicht. Spätestens seit 9/11 sind zumeist geopolitische Interessen „Leitkultur“ des Rechts, also das Recht des vermeintlich Stärkeren. Transhumanistisch-technologisch-militärischer Overkill visualisiert die apokalyptische Dramaturgie der Selbstfinalisierung humaner Zivilisation. Kluge Politik und Diplomatie humanistischer Provenienz sind zumeist ausgehebelt, allein aus Inkonsequenz in der Verfolgung kollektiver Prinzipien sowie aufgrund der Inkompetenz des führenden Regierungspersonals.


Zugleich sind Anteile der öffentlichen Wahrnehmung identifizierbar, sich in einer globalen Transition zu begreifen: Der aktuell erzeugte Weltzustand und die Menschenwelt resonieren nur marginal. Weitgehend entfremdete, versklavende Systeme der „Objektivität“ und Überregulierung lösen selbst dringende Probleme nicht mehr, soweit diese noch erkannt sind. So wächst eine erkennbare Bereitschaft, sich dem anstehenden Metanoia-Prozess zu stellen.


Diesen Metanoia-Prozess, die Konversion in den Paradigmenwechsel – Priorität des Bewusstseins und innerer Führung – zu eröffnen, das hängt wohl ausschließlich von gesellschaftlich führenden Individuen ab, die die dem realen wie notwendigen Elitebegriff tatsächlicher Exzellenz im Sinne einer Zukunftstauglichkeit entsprechen. Individuum, Organisation, Gesellschaft – in diesem Dreischritt kann ein Wechsel gelingen, viral expandieren und Blockaden des Egozentrismus und seiner Komfortzonen auflösen.


Der aktuelle individuelle-gesellschaftliche Mensch trägt es in sich, diesen Metanoia-Punkt und prozess aus dem rückverbundenen Selbst präzise zu identifizieren und zu bestimmen. Selbstbewusstsein und Verantwortung, Kreativität und Phantasie sind dabei die zentralen Elemente der Wechseldynamik, zugleich Mittel der Krisenlösung, Transition und Transformation. Die darin vor allem auch begründete Verfahrens und Verteilungsgerechtigkeit als führendem Weltprinzip sowie die erneuerte, vertrauensgestützte Synergiefähigkeit sind zugleich die Kathalyse in zwischen-/ gesellschaftlicher Equilibration und noumenal-normativer Neubestimmung einer realen Menschen-Weltordnung – als der Schöpfung adäquater Teil einer universellen Ordnung.



©   J Michael Heynen, Gründungspräsident ‚Senate of Cultures‘ | Baden-Baden, 9. Juni 2025








Freitag, 2. Mai 2025

Zu einer neuen europäischen Nachkriegsordnung als Beitrag zur zivilisatorischen Transition

 


von J Michael Heynen




Zukunft rechtzeitig zu antezipieren, Determination aus freiem inneren Willen zu entwickeln, die europäische Vision normativer Ordnung in integrative, souveräne Regierungsmacht zu transformieren, das hat Europa, die EU, nicht geleistet. National-bourgeoise Selbstgefälligkeit wurde lediglich quantitativ summarisch in intergovernmentaler Koordinierung repräsentiert, Wohlstandsmehrung von innen und Krisendruck von außen trieben zum kleinsten gemeinsamen Nenner minimalistischer Kohäsion. Und dabei ging expansive Dazugehörigkeit vor Rechtsstaatlichkeit. Inzwischen ist sogar die eingestellte Gewaltfreiheit, mit dem Friedensnobelpreis kreditiert, in unmittelbarer Gefahr, denn das „Europäische Haus“ ist in die existentielle Konsequenz seines Unterbaus gedrängt; „Wille und Vorstellung“ aus europäischem Geist sind endgültig vaporisiert, die Akteure operieren konzeptions- und wahrnehmungslos.


Das ist nicht der Vorspann zu einer Grabrede auf Europa, sondern im Gegenteil: die abstrakte Fassung von Ursache und Wirkung versagenden europäischen Regierens spätestens seit 2000. Es ist die Formulierung von Erkenntnis und Konsequenz: Während der europäische Geist 1950 noch Schlagbäume niederriss, geht es heute wieder um kleinmütige Territorialinteressen, denen Menschenleben geopfert werden; politische Macht ist nicht kluge Gestaltung, sondern rohe Gewalt. Und es bestätigt sich die Erkenntnis von Alvin Toffler: „Wer keine eigene Strategie hat, ist Teil der Strategie anderer!“ Wie vor 30 Jahren Jugoslavien, so führt heute der Ukrainekrieg direkt vor, was es ist und wie es funktioniert: systematisches europäisches Politikversagen!


Wenn Europa fortgesetzt nur als fremdbestimmtes Verwaltungsgebiet und als bloße Marktmacht begriffen wird, wird es politisch weiter marginalisiert und die Klarheit aus humanistischer Vernunfttradition endgültig ganz verspielt. Die vegetative Existenz wird sich dann wohl auch bald in einem Vegetieren auflösen, menschlicher Geist und freier Wille werden dann transhumanistischen Algorithmen geopfert. Und eine Welt ohne Europa ist dann nicht nur eine Welt ohne eine reale freiheitlich-demokratische Grundordnung, sondern eine Welt ohne das entscheidende, das humanistische Potential auch global möglicher Zivilität. Denn Europa, die EU, wurde im Grundsätzlichen aus der Vernunft seiner reichen Seele geformt, aus Überzeugung gemäß individueller Geistführung, nicht aus Gewalt und messianistischer Welterlösung. Das gilt insbesondere im Vergleich zu den sich als Weltmacht gerierenden Großmächten, die sich fortgesetzt in missionarisch-egomanischer Projektion als konkurrierende Treiber einer „neuen Weltordnung“ versuchen – eine latente Gefahr für die gesamte Zivilisation.


Wann endlich begreift sich Europa – sich um seiner Selbst willen und für diese Welt? Ist lebensgefährdender, erbärmlicher Kleinmut nicht endlich zu überwinden? Braucht es noch mehr Versagen und Menschenopfer? Kann nicht endlich ein „Europäisches Haus“ entstehen aus der tiefen Kraft seiner inneren Mitte und zivilisatorisch-humanistischen Hochentwicklung? - Dieser Planet ist ein Raum des freien Willens, und Europa war einer möglichen Erfüllung am nächsten. Die Chance der endgültigen, nachhaltig selbstbestimmten Erfüllung erscheint dennoch wiederholt gegeben: im Rahmen einer neuen europäischen Nachkriegsordnung, angestoßen durch ukrainische Opfer und destruktive russische Politikführung. Zusammen (!) ist die europäische normative Ordnung proaktiv zukunftsfest zu entwickeln und innovativ wie transformativ auszugestalten.



©  J Michael Heynen - Gründungspräsident des Senate of Cultures





Sonntag, 2. März 2025

HOMO GENESIS

 



WER IST HOMO GENESIS?


Führung in der Transition: Von der Entropie zur Syntropie




Essay von J Michael Heynen




Die Entwicklung der Menschheit beschreibt aktuell die Indifferenz im Rahmen eines paradigmatischen Übergangs, einer Zeitenwende zwischen traditioneller und Neujustierung der Grundlegung menschlichen Seins. Hergebrachte Orientierungen und Normativität – soweit noch valide wahrnehmbar - lösen nicht mehr bzw lösen sich auf. Und innovative Visionen sind noch ohne Halt und Gründung, das gilt vor allem für kompensierende Fluchtprojektionen in trans- oder/und posthumane Ersatzräume. Globale Krisen indizieren Änderungsprozesse und notwendige Transition - aktuell noch ohne Leitbild und in aberrativer Schein-Beherrschung aus der Immanenz des Realen. Hat also der Mensch als Homo Sapiens die Gegenwart betreten und wird jetzt als Homo Genesis in die Zukunft seiner Zivilisationen entlassen? Die heutige Evolutionsbewegung beschreibt eine Art kopernikanische Wende und erfordert einen Quantensprung: aus der Mitte des individuellen Menschen Selbst, aus dem Bewusstsein des Subjekts!


Die bisherige Evolution des Menschen war im wesentlichen basiert auf äußere Räume der Bio- und Geosphäre. Heute, im Anthropozän, hat sich diese Entwicklung aus der Immanenz der Schöpfungslogik des äußeren Universums prinzipiell erschöpft. Jetzt bedarf es der kondensierenden, konzentrischen Expansion menschlicher Evolution als Introversion, als Emanzipationsprozess hin zu innerer Führung aus der Suprematie des Bewusstseins, des Geistes. Der so ko-kreative Mensch kann die seit längerem einsetzende Entropie umkehren in die konstruktive Kraft der Syntropie als Paradigma öffnender Gestaltung seiner Zukunft. Der Regress des Objekts wird so invers gewendet in die expansive Verinnerlichung des Subjekts und die Bestimmung aus der Immanenz seines inneren Universums. So führt der individuelle Mensch das Ob und Wie seiner eigenen wie gesellschaftlichen Parameter einer Zukunft – paradigamtisch gewendet: aus dem immateriellen Überbau in die Beherrschung des materiellen Unterbaus ...


Dieser Mensch, der Homo Genesis, ist kein Übermensch, also Humanoid oder Transhuman, umso mehr aber transpersonal, ein humanes Wesen, ein Kulturmensch. Denn er emanzipiert sich aus der äußeren Egozentrik hin zur Zentralität seines je führenden, abgeleiteten Selbst. Denkende, reflektierende, meditierende, kontemplierende und fühlende Kapazitäten bestimmen seine innere Führung und die radial treibende Kraft seines Seins. Diese ist nicht mehr ego-kompetitiv, sondern Konsequenz innerer unbegrenzter Universalität und Totalität, dann im äußeren equilibriert als gesellschaftliche Kapazität. Mit dieser ins Unendliche geöffneten Schubumkehr verbindet sich das Bewusstsein des Menschen mit der Noosphäre als ewigem Resonanzraum kreativer Individualität und zugleich kosmisch-normativer Universalität. Nach (zu) lange spät-pubertierender Entwicklung tritt die Evolution des Menschen ein in ihre eigentliche Determination, die bedingte Realität aus der bestimmenden Noumenalität zu gestalten und zu beherrschen. Im Selbst des Homo Sapiens ruhen die Gründe und Potentiale der Aktivierung des humanen Menschen, denn der Homo Genesis ist schon länger präsent in ihm und bedarf seiner überfälligen emanzipativen Metamorphose. - Der Homo Genesis kann in einem ersten Durchgang wie folgt charakterisiert werden: ...



Geist verlebendigend, Leben vergeistigend …


autonomes Subjekt, individuell und universell steuerndes Bewusstsein


freier Wille aus innerer (Selbst-) Bestimmung, a-priorisch


klärendes, entwickelndes Bewusstsein und innere Führung aus dem Selbst


metaphysisch, transzendent, noumenal determiniert


kreativ aus freiem Geist, prinzipiell ästhetische Orientierung


Ruhung in der Suprematie innerer Totalität und Absolutheit, Bewusstheit äußerer Relativität


stark entwickelte Eigen- und Fremdwahrnehmung, reflektiert und zugleich intuitiv


Beherrschung der Ursachensteuerung durch antizipierenden Wirkungsbezug (a-priori)


synergetisch statt dialektisch, kooperativ statt kompetetiv, also syntropisch veranlagt


höchste Priorität des Menschen und Menschenliebe


überwundenes Ego als aussengeleiteter Handlungsimpuls, souverän und integer, gesteuert transparent


emanzipativ, transformativ, evolutionär


kommunikativ und equilibrierend (Ausgleich innen - außen, Subjekt - Objekt etc.)


treibende Kraft equilibrierender Innovation individueller-gesellschaftlicher Transition, Innovation


Priorisierung substantieller individuell-gesellschaftlicher Potentiale und Fazilitierung essentieller Evolutionsprozesse zur Gewährleistung von Hominisation und Syntropie


transpersonale Führung (vor allem äußere) zur Koordinierung authentischer, bester humaner Eigenschaften zur expansiven Entfaltung äußerer Freiheitsräumen und kreativer Gestaltungsprozesse


innere und äußere Verbundenheit vor allem mit der Noosphäre im Übergang in Noozän ...



Der Homo Genesis ist kein neuer Mensch, aber ein transformierender Mensch: Das Sein wird aus dem Bewusstsein, also von innen nach außen gelebt. In dieser aktuellen Transitionsentwicklung kommt es zugleich zentral darauf an, dass sich nicht nur das Individuum als Homo Genesis begreift und erfährt, sondern dass sich daraus zunehmend ein verstetigendes kollektives Bewusstsein als Kulturmensch konstituiert. Im Übergang wird dieser Prozess eher als Eliten bzw. Minderheiten basiert erscheinen, da insbesondere jede Art von Über-Ich-Generierung der Masse und ihrer „demokratisch“ quantitativen Verfahren durch Verstand, universelle Denkgesetzlichkeit und also geistige Legitimation auszuschließen ist (Überwiindung eines klassischen Phänomens vergehender Ego-Welten und ihrer kompensierenden Ersatzprojektionen).


Die innere und äußere Führungskapazität des Homo Genesis wird in ständig dialogisch expansiv inspirierender und equilibrierend antizipierender Wirkung überzeugen und weiterentwickelnde Gesellschaften vernetzend durchdringen. Die Freiheitlichkeit und Friedlichkeit wird die Gesellschaftswelten ebenso koordinieren und synergetisch wie syntropisch ordnend organisieren. Diese diametrale Umkehrung menschheitlicher Entropie in eine syntropisch exponentiell qualifizierende Entwicklung ist nicht nur aktuelle Krisenlösung, sondern die Gewährleistung kreativer humaner Zukunft.





© J MICHAEL HEYNEN | GRÜNDER UND PRÄSIDENT DES SENATE OF CULTURES




Samstag, 11. Januar 2025

IMPERATIVE KULTURELLER WELTEVOLUTION

 

Homo Genesis: Zukunft durch Individuation – Equilibrierung - Determination



VON  J  MICHAEL  HEYNEN



Abstrakt


Das vorliegende Essay kritisch-programmatischer Reflexion beschreibt einen konzeptionellen Rahmen über die Imperative zivilisatorischer Transitionsprozesse als individuell-gesellschaftliche, equilibrierende Evolution. Dabei steht die Kategorie innerer und äußerer Welten des Menschen im Mittelpunkt, die gegenseitige Komplementarität von kognitiv-ästhetischer Individuation und gleichzeitiger Universalität als Bestimmung noumenal-transformativer, zukunftsfähiger Weiterentwicklung von Gesellschaften zu identifizieren.



Einführung


Am Anfang war nicht das Wort, sondern Geist und Bewusstsein. Der daraus abgeleitete Wille schöpfte die Energie des Urknalls, das Universum entstand: die äußere Welt, ebenfalls ein Raum des freien Willens. Im Rahmen der metaphysischen, dann physischen kosmischen Gesetzlichkeit wurde in der Folge der Heimatplanet der heutigen menschlichen Zivilisation geschöpft, belebt also von einer führenden Essenz, einer intrinsisch hybriden Essenz, um die gegenseitige Komplementarität von Idee und Realität evolutionär zu beherrschen.

Dieser Prozess sogenannter Equilibrierung gewährleistet, Geist zu verlebendigen, Leben zu vergeistigen – als primäre treibende Energie schrittweiser Transition und Evolution. Leben so begriffen, das forciert die Frage: Ist die heutige Entwicklung des Menschen noch in Kohärenz und Konkordanz mit dieser universellen Entwicklungsgesetzlichkeit? Wer ist der Mensch seiner Zukunft? - Die Korrelation von inneren und äußeren Welten gibt Aufschluss im Rahmen kritischer Selbst-Reflexion hin zur Aktualisierung anstehender Entwicklungspfade zivilisatorischer Transition und Transformation.



I. STATUS QUO : ZEIT UND RAUM


Beginnend mit der industriellen Revolution hat die mesnchheitliche Entwickung spätestens in den letzten fünfzig Jahren ein Zeitalter erreicht, das als Anthropozen bezeichnet wird: die weitgehende Beherrschung des Planeten durch den Menschen.

Komplementär zu dieser Entwicklung setzte eine zunehmende Entgeistigung ein, denn die anthropozenische Beherrschung ist eine im wesentlichen physisch-materielle. Menschen, Gesellschaften und ihre Staaten entkoppelten sich vom Selbst und der Suprematie des Geistes, alloziierten ihr Sein weitgehend im Unterbau als Haben und technisch funktionale Dominanz. Kulturell-geistig bestehende Bindungen und Entwicklungen wichen rein existentiellen Existenzbewältigungen mit endlos scheinenden Ressourcen.

Bei dieser Bewältigung geht es bis heute um privat-öffentlich / oligarchisch-autokratisch konkurrierende Kräfte egozentrischer Profit- und Machtkonzentration unter Maßgabe rein materiell begriffener „Verteilungsgerechtigkeit“. Die anthropozenische Beherrschung hat sich damit – umgekehrt proportional zum äußeren Fortschritt - vom Menschen, von Humanität entkoppelt und die formale Handlungsmacht weitgehend auf die Seite der Systemagenten verlagert. Humane Prinzipalität ist paralysiert.

Dies gilt auch für die im Sinne humaner Politikmodelle und Systeme fortschrittlichen sog. westlichen, demokratisch-rechtsstaatlich verfassten Staaten. Sinn-, transparenz-, kompetenzfreie Regierungsprozesse wahren demokratische Formen und entleeren Gesellschaft und Staat – materiell wie immateriell.

Politische Macht ist auf verwaltende Handlungsmacht formaler Legitimation mit hohem Kontroll- und Bürokratieaufwand reduziert, substantielle Gestaltungsmacht ist das große Vakuum, das mit alten, je variierenden Politikmodellen – zumeist ideologisches Politmarketing und egozentrische Ersatzprojektion – zu befüllen versucht wird. Hoch-komplexe Scheinregulierung und inszenierte Krisen, Konflikte und Kriege camouflieren das strukturelle Legitimationsdefizit und tatsächlich autokratisch-feudalistische Herrschaftssysteme in demokratistischer Manier. Der Mensch wird zur Person, Leben zur Funktion.

Dabei entgeht dem kritikfähigen, aufgeklärten und analytischen Menschen nicht, dass derartige Herrschaftssysteme weder auf der Mikro-, noch auf der Makroebene zukunftsfähig funktionieren können sowie offensichtlich ungeeignet sind, eine menschengerechte Ordnung, geschweige eine Weltordnung zu begründen und dynamisch verstetigend zu etablieren. Irritation, Disharmonie und Desorientierung sind die vorherrschende Konsequenz. Erstarrung durch sich ständig wiederholende antiquierte, dogmatisch-ideologische Machtformate autokratisch-imperialer Scheingröße bewirkt endgültigen Legitimationsverlust, Auflösung im Chaos und schließlich vollständige Paralyse.

Entgeistigung, Entkopplung, Entleerung bedingen Entropie, Verödung und Nihilismus; auch quantitative Beherrschungsversuche durch künstliche Intelligenz werden freilich hier keine Abhilfe schaffen, denn sog. Transhumanismus ignoriert oder negiert die unerschöpfliche Kreativität und kognitive Qualität menschlich-metaphysischer Potentiale. Diese aber gründen im inneren Raum des Menschen, der sich im äußeren Raum aktuell erschöpft hat. Und hier – im inneren Raum – liegen die Quelle und der Grund für zivilisatorische Transition, die einen Quantensprung beschreibt. Denn am Ende ist es immer wieder der Mensch selbst: der Phönix aus der Asche.



II. METAMORPHOSE: INNEN UND AUSSEN


Wer der vorstehenden Anamnese zustimmt, ahnt den Grund des zivilisatorischen Rückschritts: der zunehmende Verlust der äußeren Freiheit als Konsequenz der selbst verschuldeten Aufgabe innerer Freiheit. Jedenfalls in der westlichen Zvilisation kamen die Väter des Freiheitskampfes aus der inneren Bestimmung der Freiheit, um die Bedingungen der äußeren danach zu organisieren und zu ordnen. Die äußere Verfasstheit wurde wesentlich zum Spiegelbild der inneren.

Heute ist die äußere Welt in zunehmender Unordnung, da ihre Bedingungen weitgehend von inneren Bestimmungen entkoppelt oder diese nicht als führende identifizierbar und wirksam sind. Für eine drängend erscheinende Lage der Transition erscheint eine Schubumkehr im Sinne bewusster Willensbildung zur Identifikation und Dynamisierung notwendiger Wechselpotentiale unausweichlich:



1. Innerer und äußerer Raum


Der Neo-Platoniker Augustin hat die Erkenntnis von Innen und Außen vermittelt. Danach ist der Mensch ein hybrides Wesen, in dem innere und äußere Welten zusammen kommen. Und dennoch entfaltet Menschwerdung klar unterscheidbare Bewegungsmodalität je nach Raum, in dem die jeweilige Aktivität zentriert ist: Sein oder Bewusstsein. Innerer und äußerer Raum beschreiben also verschiedenartige Quellen und Potentiale, Lebensprozesse zu aggregieren und Leben zu erfüllen.

Während der äußere Raum den der bedingten und begrenzten Inkorporierung und Materialisierung in der Außenwelt, also den Raum der lernenden Kommunikation, der sinnlichen Erfahrung, der materiell-physischen Lebensbewältigung usw. beschreibt, ist der innere Bereich als Raum sämtlicher Bewusstseinsprozesse zu charakterisieren und wie folgt einzuordnen:

Der innere Raum birgt das entwickelnde, autonome Potential nicht nur der geistigen und seelischen Verarbeitung äußerer Erfahrungen, sondern die sui generis initiierten Determinanten denkender und fühlender Prozesse. Dabei wird das emanzipierende Selbst zum Träger lernenden und wahrnehmenden Bewusstseins, das die treibende Energie der Ideen-, Wesens- und Willensbildung erzeugt und immer wieder und weiter qualitativ skaliert. Verstand und Vernunft helfen dabei, gedankliche Entwicklungen und Ergebnisse als Zwischenschritte zu ordnen, verfügbar zu halten, um sie, einem Regelkreis entsprechend, ans Bewusstsein zurück zu geben und mit Fühlen wie Denken zu korrelieren.

Dieser Prozess ist - als innerer beherrscht - autonom und also die Grundlegung individueller Freiheit, da er der sinnlichen Erfahrung und somit der möglichen äußeren, begrenzenden Beeinflussung vollständig entzogen ist. Im Gegenteil zur äußeren Welt ist die innere nicht an Bedingungen gebunden, also unbegrenzt und für universelle Endlosigkeit und Ewigkeit offen. Die Innenwelt des Menschen ist folglich geeignet, das Absolute, die Totalität seines Selbst zu entwickeln und zu realisieren. Diese innere, gestaltende Realität aus unbegrenzter Imaginierung und Visionsbildung erfüllt und prägt die jeweilige Persönlichkeit, formiert das Bewusstsein einer einzigartigen Essenz. Damit ist auch - analog zum Universum - eine stets expandierende Entwicklungsdynamik geistig-psychischer Identität und Energie beschrieben.



2. Subjekt und Objekt


Mit der Unterscheidung zwischen Innen und Außen vergleichbar, beschreibt die Differenzierung von Subjekt und Objekt die zentrale Funktion eines intelligiblen, wahrnehmenden Bewusstseins des Menschen (in Anlehnung an Karl Jaspers). In der Identifikation des Menschen als Subjekt jenseits der reinen Objektfunktion liegt die emanzipative, unabhängige, somit immer individuelle Bewältigung des Seins – je aus dem einzelnen Selbst, der eigentlichen Menschwerdung gemäß den Potentialen und Dimensionen seiner inneren Welten.

Während das Objekt äußere, verregelbare, quantifizierbare Materialität bis hin zu wissenschaftlicher Objektivation verfügbar hält, ist das Subjekt Träger geistiger und seelischer, fühlender und kognitiv erfassbarer Prozesse inklusive den Dimensionen des Absoluten und der Totalität. Das Objekt bezieht sich auf normierende / normierte Quantität und Bedingtheit, auf Form und Symbol, das Subjekt auf unbegrenzte Qualifizierung / Qualität und Bestimmung, auf Substanz und Sinnstiftung, auf Idee und deduzierten Willen.

Objektivität befragt Beweisbarkeit und äußere, bedingte Wahrheit, die Subjektivität generiert innere Weltbewegung und Vorstellung sowie Prozesse der Entscheidungs- und Wahrheitsfindung. Das Subjektive führt die innere Welt aus Idee und Wille als treibender Kraft, das Objektive bietet materiale Formung und serielle Bedingung existenzieller Umsetzung und Entfaltung.

Subjekt und Objekt beschreiben ein gegenseitig komplementäres Verhältnis, sie zu entkoppeln bedeutet, Geist zu „entkörpern“ und Leben zu „entgeistigen“, seinen Sinn zu entleeren. Und ein Leben ohne Sinn und Sinnlichkeit aus Subjektivität wird „objektiv“, zugleich kalt und nihilistisch, vor allem am wenigsten menschengerecht. Das Subjekt braucht also das Objekt, um Geist zu verlebendigen, und das Objekt braucht das Subjekt, um Leben zu vergeistigen, den Grund und die initiatorische Energie des Bewusstseins, das Sein human zu formen.

Im ablaufenden Anthropozän hat die materiell-technische Beherrschung den Menschen zu fast vollständiger Objektivation verführt. Und transhumane Quantifizierung marginalisiert Gesellschaften zu vereinheitlichten, steuerbaren Massen, die in der Scheinsicherheit des versklavten Kollektivs eine Art von Sein durch Haben ersetzen und „Sinnfreiheit“ kompensieren. Der Mensch wird unter Aufgabe seiner Subjektivität zum Objekt, individuell begründete Freiheit des Subjekts wird zur „objektiven“ Bedrohung des polit-ökonomisierten oder öko-politisierten Systems.

In der Folge hinterlassen Nihilismus, innere Leere und vegetative Existenz eine äußere Welt ohne humane Idee und Imagination, ohne Vernunft und Phantasie – also all das, dessen es jenseits aktueller kleinteiliger Systemrelevanz des Objektiven eben als Voraussetzung erfolgreicher wie zukunftsfähiger Transition so not-wendend bedarf. Diese Einschätzung provoziert die Frage: Wie können Menschen und Gesellschaften diese Sackgasse jeder Art von humaner Weiterentwicklung üerwinden?



3. Individuation und Introversion


Die Lernfähigkeit des Menschen basiert auf Erkenntnis und Erfahrung, letztere kann der Erkenntnis dienen. Zugleich verfügt die Erkenntnis – der Bereich des inneren Raums – über wesentlich weitergehende Dimensionen, die sie unabhängig von der Erfahrung im äußeren Raum stellt und darüber erhebt: die Dimensionen der Kognition, Reflexion, Imagination und Kontemplation sowie Einfühlung und innerer Wahrnehmung als Verfahren a-priorischer Erschließung komplementärer innerer und äußerer Welten.

Aus dem Seinsprozess des Kindes wird das zunehmende Bewusstsein des erwachsenden Menschen entwickelt. Diese Art von Emanzipation – einem Quantensprung gleich – bewirkt die Umkehrung in die Suprematie Geist gestützter Selbst-Bestimmung, die Autonomie des Subjekts, also abhängig von bewusster Erkenntnis Führung und Verantwortung aus seiner inneren Welt zu schöpfen und im Äußeren zu korrelieren und zu kommunizieren. Erst diese Öffnung nach Innen, Introversion, schafft die Grundlegung innerer Führung aus dem Selbst, um dem Absoluten, der Totalität des Inneren des Menschen Raum zu geben und – je bedingt relativierend – im Äußeren zu repräsentieren.

So reift der Mensch zum Individuum, zugleich verstärkt er die Potentiale als freies, kommunikatives Gesellschaftswesen. Und weiter: Der Mensch als Subjekt der jeweiligen Individuation, aus der Unendlichkeit seines Bewusstseins geleitet, ist sich nach außen seiner Relativität in der physisch-materiellen Realität weitgehend bewusst und wählt adäquate Positionen und Prozesse, sich sozial und legitim gesellschaftlich zu verorten. Seine innere Formung wird zum kreativen Impuls, zur Inspiration gesellschaftlicher, gewaltfreier Willensbildungs-, Entscheidungs- und qulitativer Wachstumsprozesse.



4. Equilibrierung und Elevation


Der Mensch wird von der Person zum Menschen – vergleiche oben – durch seine naturhaft angelegte Hybridität: innere und äußere Räume, Transzendenz und geistige Welten mit realen und materiellen zu korrelieren. Bewusstsein und Sein zu verschränken, privilegiert und befreit in die unabhängigen Potentiale universeller Verfügung und Gestaltung. Umso wesentlicher ist die Kapazität des Menschen, das Interface zwischen Innen und Außen, zwischen Subjekt und Objekt – einem Regelkreis vergleichbar – und Lern- wie Lebensprozesse daraus zu begreifen und zu gestalten.

Dieses Verfahren der Equilibrierung ist eine vertikale (Rück-) Verbindung aus und mit dem Selbst des Subjekts. Dabei übernimmt das Bewusstsein die Führung, der Prozess ist zugleich und zuerst ein seelischer. Die Seele, noch Teil des inneren Raums, ist die wahrnehmende Verbindung nach außen, das innen geprägte Auge in die äußere Welt. Imaginierendes, kontemplierendes, schauendes Finden und Lernen verbinden Subjektivität und Objektivität, verbinden innere und äußere Impulse, inspirieren und fazilitieren.

In dieser Art Equilibrierung liegt eine der größten Herausforderungen menschlicher Interaktion zu vermuten, denn innere Totalität trifft auf die Realität, das Absolute auf das Relative, die Bestimmung auf Bedingtheit, der Gestaltungswille des Geistes auf Endlichkeit und Bedingtheit des Physisch-Materiellen. So ist es ein spezifisches Lern- und Leistungsvermögen des Menschen und insbesondere seiner steten seelischen Entwicklung, potentiell gegensätzliche energetische „Aggregatzustände“ anzunähern, adäquat zu koordinieren, integrativ zu balancieren und Ursachen und Wirkungen möglichst transformativ zu harmonisieren.

Für diese Verbindung und transformative Erfüllung steht dem Menschen jedenfalls ein Lösungsweg zur Verfügung: die Dimension der Ästhetik und der Kulturen mit all ihren multiplen Gestaltungs- und Ausdrucksebenen. „Objektive“ Realität wird gebunden und sinnlich sensibilisiert, hohes Bewusstsein ästhetisch geerdet. Das sich erlebende Seelische wird zum dynamisierenden Zwischenraum, vermittelt und moderiert innere und äußere Welten und Wahrnehmungsprozesse zwischen Substanz und Form. Die Verstetigung dieser Equilibrierung führt zu einer Art ständiger Transition und Transformation.

So mutiert das A-Posteriorische zum A-Priorischen und öffnet das Bewusstsein zu einem kreativ wirksamen Subjekt in zunehmend reaktiver Objektivität. Auf diese Weise werden vertikale und horizontale Equilibrierung gekreuzt und emanzipativ fusioniert: das Objekt subjektiviert und das Subjekt objektiviert, also Leben vergeistigt und Geist verlebendigt! Die Mitte, das „arithmetische Mittel“ daraus entstehender Entscheidungs- und Handlungsprozesse des individuellen Menschen wird kognitiv und kommunikativ gehoben und beschreibt eine dauerhaft verfügbare Elevation als Kernelement menschlicher Entwicklungsdynamik: die Begründung des Kultrmenschen.

Die equilibrierende Lösung von Subjekt-Objekt-Unterschieden und Gegensätzen kann der Erfüllung des Menschen dienen, eine Realität aus seinen Träumen und Phantasien, Visionen und Imaginationen zu formen. Dem Kulturmenschen – jeweils aus Freiheitlichkeit und Friedlichkeit – kann so auch gelingen, konkordante Gesellschaftswelten der Humanität zu konfigurieren und zu gestalten, die sich eine adäquate Staatlichkeit verordnen, soweit es einer solchen dann noch bedarf.



5. Freier Wille und Gesellschaften


Das Bewusstsein bestimmt das Sein. Also umfasst der innere Raum (vgl. oben) die Grundlage der Freiheit, die Ursache des freien Willens. Individuelle Totalität, das Absolute, geläutert durch Geist und Reflexion, Gefühl und Kontemplation, normieren die Bestimmung des Subjekts. Diese ausschließlich inneren Prozesse werden durch adäquate Kommunikation und Verhandlung mit und in dem äußeren Raum verbunden. Die innere Bestimmung wird mit den äußeren Bedingungen korreliert und equilibriert (vgl. oben) auf diese Weise entstehen freie Gruppen, Gesellschaften und unbegrenzte zwischengesellschaftliche Interaktion.

Freilich können Gesellschaften existieren, die sich unter Verzicht auf individuelles Bewusstsein und freien Willen (volonté de tous) ausschließlich aus einem kollektiven Willen (volonté generale) konstituieren. Dabei werden die Bedingungen der Realität zur Bestimmung erhoben, das Sein bestimmt ein begrenztes Bewusstsein, das der sog. Erkenntnis in die Notwendigkeit folgt. Dies kann aus einem letztmaligen Akt freier Wahl resultieren, aber auch auf physischer oder psychisch vermittelter Gewalt basieren. Wenn also die Normquelle ausschließlich im äußeren Raum liegt, wird der innere zum Fluchtpunkt einer geistigen und seelischen Emigration. Die Dominanz des äußeren Konformitätdrucks löst die menschenwürdige Verbindung innerer und äußerer Welten auf und opfert individuelles Sein einer zumeist ideologischen und/oder religiösen Totalität und Verabsolutierung, die im äißeren Raum jeder Legitimation entbehren. Die Ausblendung menschlicher Subjektivität führt zu Versklavung, geistiger Verelendung, Nihilismus, Morbidität und insgesamt zu gesellschaftlichem Verfall; eine Zukunft nach Maßgabe wenigstens menschenwürdiger Existenz ist so wohl unerreichbar (vgl. oben).

Existenz und Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft bedürfen also der Verlebendigung durch Geist und der Geistführung ihrer Entwicklung. In ständiger Equilibrierung sind die Änderungs- und Transitionsprozesse innerer und äußerer Normquellen einzuordnen, zu adaptieren, in Verhandlung auszugleichen und die Willensbildung – aus individueller Freiheit – zu koordinieren. Diese Funktion der Repräsentation formt das Regieren und erzeugt die Staatlichkeit, die sich eine Gesellschaft zur Beherrschung ihrer Lebensbedingungen geben kann, so lange und soweit der kategorische Imperativ (Kant) noch nicht wesentlich erfüllt ist.

Die Staats- und Regierungsform der konstitutionellen Monarchie und insbesondere die der rechtsstaatlichen Demokratie sind besonders geeignet, die Objektivierung subjektiver Gesellschaftsdynamiken zu organisieren und synthetisch zu korrelieren. An dieses Regieren sind allerdings die wohl höchsten Anforderungen gestellt: Maximale Legitimierung zu minimal notwendiger Regulierung, konsequente Förderung individuell-gesellschaftlicher Freiheitsräume, uneingeschränkte Transparenz, personale Integrität und Professionalität. Andernfalls erstarrt Regieren zur Form, entleert die gesellschaftlichen Ressourcen, delegitimiert staatliche Macht und kehrt das durch die Gesellschaft anvertraute und verliehene Machtmonopol des Staates um gegen die Substanz seiner auftragsgemäßen Existenz. Feudal-autokratische Überdehnung staatlicher Funktionen und – vor allem in den Außenpolitiken früh erkennbar – (post-) imperialistische Politiken konterkarieren Freiheit und Frieden gesellschaftlicher Lebensbedingungen. Nach Erstarrung der Staatlichkeit übernimmt dann die Gesellschaft wieder die entleerte Form, um sich substantiell neu aufzustellen. Der oben beschriebene Prozess der Subjekt-Objekt-Equilibrierung ordnet innovativ und stiftet zugleich real legitimierte Souveränität, wenn die a-priorische Erkenntnis vor allem den historischen Prozess einbezieht: Die Gesellschaftsdynamik, aus dem individuellen freien Bewusstsein und Willen geschöpft, gewährleistet zukünftige Entwicklungen in ständiger, equilibrierender innerer und äußerer Transition.

Letztlich kann erkannt werden, dass die Gründe für gutes Regieren und kluge Politik – ebenso für Wirtschaftsprozesse – in der Verantwortung der Gesellschaften und ihrer zukunftsfähigen Verantwortung liegen, bezogen auf Machtkontrolle und vor allem freien Gestaltungswillen. Und diese hängen von einer bewusst und gewollt de-personalisierten, also transpersonalisierenden gesellschaftlichen Führungskultur gemäß universeller Denkgesetzlichkeit ab. Die Equilibrierung des kreativen Spannungsverhältnisses adäquat korrespondierender Essenzen und äußerer Resonanzen schafft die transformierende Synthese menschenwürdiger Verschmelzung von Gegenwart und Zukunft. In diesem Sinne ist der freie Wille des Menschen das Energetikum und die conditio-sine-qua-non seiner ebenso freien Gesellschaften.



III. Zukunftsvision: Zivilisation und Homo Genesis


Wer die aktuelle Weltlage und vor allem die gegenwärtige Menschheitsentwicklung im noch laufenden Anthropozän betrachtet, kann dabei jedenfalls drei Richtungen egozentrischer „Visionsbildung“ feststellen: transhumanistische Projektion, Bedrohungsperzeptionen eines Weltuntergangs sowie das traditionelle Verharren in ideologisch-religiös geprägten Mustern. Sämtliche Versuche dieser Art verkennen dabei jedoch wohl auch vorsätzlich die Zentralität des Menschen für seine Zukunfts-entwicklung. Oder sollte sich der Mensch im Laufe des Anthropozän weitgehend seiner selbst entfremdet haben?

Wie oben einführend bereits festgestellt: Das Leben des Menschen und die zukunftsfähige Gestaltung seiner Entwicklungsprozesse bleibt intrinsisch an seine individuelle humane Identität und Qualität seiner Umsetzung gekoppelt. Dabei liegt die Suprematie im autonomen Subjekt, nicht im vegetativen Objekt und seiner Neigung zur Entropie. Die offensichtliche Selbstentfremdung ist umzukehren durch erinnernde und verlebendigende Rückverbindung mit dem Menschen Selbst – dem „Ewigen Selbst“ (Sörensen Kierkegaard) - , seinen inneren Welten und Prozessen. Diese Revitalisierung innerer „Radialer Energie“ (Teilhard de Chardin) aus der Totalität reflektierenden Bewusstseins ist als Basis der Gegenwart zu begreifen, aus der eine menschengerechte Zukunft entwickelt werden kann. Die Menschwerdung im auslaufenden Anthropozän wird zugleich der Brückenbau ins Noozän: aus der equilibrierenden Führung menschlichen Bewusstseins und Seins zum Erfüllungsprozess seiner Selbst gemäßen Bestimmung.



1. Noumenalität und Normativität


Führung in die Zukunft des Menschen und für den Menschen ist zuerst innere Führung aus dem Selbst und damit aus und für die Freiheit. Dabei ist die wesentlichste Immanenz die der Freiheit. Erfolgreiche Führung kommt aus individueller Determination, nie aus der Immanenz äußerer Bedingungen. Das notwendige Änderungspotential hin zur Zukunft folgt also den Prozessen innerer Räume, die erst dann mit den äußeren umsetzungsgeleitet korreliert werden.

Führende Weiterentwicklung als Evolution, als Transition und Transformation hin zu menschengerechter Zukunftsevaluation begriffen, basiert auf der – notwendigerweise individuellen – Kapazität des Geistes, auf dem kognitiven, reflektierenden wie fühlend kontemplierenden Einsatz universeller Denkgesetzlichkeit und humanen Bewusstseins. Die von der Wirklichkeit unabhängige ‚Erkenntnis aus Geist‘ – Noumenalität – bietet die unbegrenzte Reichweite und Autonomie, Zukunft zu identifizieren und zu entscheiden. Das a-priorisch erkennende Bewusstsein des Individuums kann sich aus der Normativität des Faktischen souverän emanzipieren und die relevanten Lebensbedingungen ordnen. Und so kann es gelingen, innere Freiheitsräume zur Neuordnung und Formung äußerer Lebensräume des Menschen maßstäblich prägend einzusetzen und ständig equilibrierend zu qualifizieren. Die weitgehend verflachend zirkulierenden Gegenwartsprozesse („Sackgasse“, vgl oben) werden so abgelöst und aufgelöst durch die noumenale wie normative (Maximen) innere Führung des kreativen Menschen, der um seine Zukunft weiß und diese für seine Gesellschaft beherrschbar macht.



2. Gestaltungswille und Weltformel


Der aus dem Selbst agierende und equilibrierende Mensch kommt aus dem „cogito ergo sum“ (Descartes) als autonomes Subjekt und beherrscht so seine identische und gesellschaftliche Positionierung. Aus Substanz und „radialer Energie“ (vgl. oben) transformiert er seinen innen gereiften Prozess des Findens in die Lebensprozesse der Gesellschaft – kreativ, subjektiv und kommunikativ objektivierend. Seine radiale Energie wird in eine „tangentiale“ (ebenf. Teilhard de Chardin) umgewandelt und in einem klärenden Resonanzprozess gesellschaftlich jeweils internalisiert und geformt. Individueller Gestaltungswille geht über in einen Überzeugungsprozess, um im Großen wie im Kleinen weiterführende gesellschaftliche Entwicklung zu inspirieren. So kann in ständiger Equilibrierung von Individuation und Universalität die (zwischen-) gesellschaftliche Interaktion als Transitions- und Transformationsprozess verstetigt werden.

Aus innerer Ruhung und Freiheit folgt Bewegung, die Verlebendigung von Geist , die Vergeistigung von Leben. Dabei wird die „eine entscheidende Formel“ – in der Regel aus und zur ideologisch-religiösen Fixierung äußerer Machtbedingungen – ersetzt durch die Weltformel kreativ und interaktiv verbundener, multilateraler wie unbedingter Prozesse: Zukunft ist Entwicklung aus der Gegenwärtigkeit des Bewusstseins, und Entwicklung ist unendlicher Prozess, und Prozess ist letztlich unbegrenzbare humane Metamorphose der Zivilisation. Diese Weltformel bietet auch die Potentiale des Menschen zu revitalisieren, die oft erstrebte Erlösung durch eben diese Art der Erfüllung zu erfahren – individuell erzeugt und gesellschaftlich getragen.



3. Kulturmensch und Weltordnung


Die vorstehenden Ausführungen können den Einwand provozieren, dass nicht jeder Mensch diesem „hohen“ Anspruch dieses sog idealen / idealistischen Menschenbildes entsprechen kann. Und wen oder was auch immer dieser Einwand begründen oder schützen möchte, er ist jedenfalls nicht falsch, denn der Mensch ist nicht gleich. Zugleich gilt – wie oben eingeführt: Der Mensch ist in einem Raum des freien Willens geboren und kann über jedes naturgemäße Potential verfügen, sich zum autonomen Subjekt zu entwickeln. Diese Entwicklung ist freilich ergebnisoffen, da sie die wohl größte Herausforderung ist: der Kulturmensch ist – in seiner unendlichen Vielfalt, Diversität und Qualität – Träger seiner Zivilisation und also das Energetikum seiner eigenen weiterführenden Entwicklung.

So ist der Kulturmensch – aus Bewusstsein und Sein gewachsen - unausweichlich Herr seiner Zukunft, dies ist nicht zu kompensieren, egomanisch zu projizieren oder/und zu sublimieren. In seiner inneren Führung liegt sein Schicksal und damit auch das seiner Gesellschaft begründet. Denn der homo sapiens, ein evolutiver Schöpfungsakt im äußeren Raum, hat mit der Entwicklung seines Bewusstseins den weiteren Schöpfungsprozess individuell übernommen, inkarniert und gestaltet emanativ aus den inneren Räumen seines Selbst: der homo genesis. Die Menschen der Renaissance haben es schon präludiert: Der homo genesis – mit einem „Polsprung“ vergleichbar – kommt von innen und vollzieht eine Art individueller Selbstschöpfung im Rahmen und als Teil der universellen Gesamtschöpfung. So entsteht das kosmische Gleichgewicht in verbundenen Räumen von Bewusstsein und Sein und equilibriert radiale und tangentiale Energien.

Dieser Kulturmensch, der individuelle homo genesis, aus dem „wissenden Menschen“ zum schöpfenden Menschen evolutiv selbst verantwortet, expandiert so auch seinen Fortschritt, sich im anderen Menschen und dessen Selbst-Bewusstsein wieder zu erkennen. Körper, Seele, Geist sind Basiselemente humaner Beschaffenheit, aus der exponentielle Variationen der Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit entstehen: Aus und auf allen Ebenen ist Liebe und Lösung, Kommunikation und Verständigung essentiell möglich – transpersonal, nicht transhuman.

Das erkennende und wahrnehmende Subjekt verfügt also über unendliche Chancen, sich equilibirerend und objektivierend mit dem anderen Individuum oder/und seinen Gruppen und Gesellschaften zu verbinden und auseinanderzusetzen. Aus dieser Verbindung (vgl. oben III, 2) des Kulturmenschen werden kreative wie konstruktive Synergien für die ständige, auch optimierende Entwicklung der Gesellschaften geschöpft. Das Potential menschengerechten Fortschritts und seiner Ordnung kann in ständiger Korrelierung von Individuation und Universalität fazilitiert werden. So entstehen aus diesen kommunikativen Klärungs- und Ordnungsprozessen Ordnungen sowie eine Weltordnung, die Gerechtigkeit und die je begründete Würde des Menschen stets weiter entwickeln und auch im Übergang grundsätzlich gewährleisten kann.



Ausblick


Die zivilisatorische Entwicklung des Menschen ist zum einen eine im wesentlichen bewundernswerte, auch erfolgreiche in der Beherrschung von Bio- und Geosphäre, soweit diese dadurch nicht ihrer Zerstörung entgegen gehen. Zum andern hat der homo sapiens das Gleichgewicht innerer und äußerer Entwicklungsräume weitgehend verlassen, da er sich nicht mehr oder noch nicht als von innen proaktiv schöpfender Mensch, eben als homo genesis erkennt und begreift.

Wer das Konzept der Kosmogenese von Teilhard de Chardin aufnimmt, kann erkennen, dass Evolution und Zukunft immer konstitutiv an die Weiterentwicklung des Bewusstseins gekoppelt ist. Die Evolution hat zuerst die Bedingungen des Entstehens von Bewusstsein geformt, danach wurde das expandierende Bewusstsein zum intrinsischen Kernelement des Menschenentwicklung und seiner Gesellschaften. So gilt auch umgekehrt: Ein Sein ohne hinreichendes Bewusstsein hinterlässt eine stagnierende Evolution ohne Elevation und bewirkt eine Endzeit, die ein mögliches Zeitenende der Zivilisation nicht ausschließt. Zugleich birgt eine Endzeit die essentiellen Ingredienzen eines Neuanfangs in sich: die selbstbestimmte Re-Balancierung äußerer und innerer Welten des Menschen unter Suprematie der letzteren.

Der Kulturmensch verfügt über das schöpferische und energetische Potential, gesellschaftliche „Sackgassen“ (vgl. oben letzter Absatz II 2) aufzulösen, wie sie sich immer wieder in politischen und ökonomischen, autokratischen wie neo-feudalistischen, also Menschen abgewandten Dominanzen letztlich wohl ausweglos materialisiert haben. Der Mensch als Subjekt und Fazilitator seiner Kultur wird die Determination und auch die Handlungsmacht für zukunftsfähige, humane Zivilisations-entwicklung immer wieder zurück gewinnen können: Souverän und dynamisch equilibrierend, zugleich frei von ideologischen und religiösen Messianismen, die zu überwunden sind.

Wenn es dem Kulturmenschen als homo genesis gelingt, sich aus innerer Bestimmung – Transzendenz, Geist und Gefühl – kreativ-innovativ zu formen, kann er Mensch-Sein aus dem Selbst erfüllen. Und wenn er beginnt, „nicht aussen zu suchen, was er in sich trägt“ (in Anlehnung an Gandhi), sondern von innen nach außen zu tragen, was er finden und gestalten will, dann erhebt er sich oft beschworener Erlösung entgegen. Zukunft ist dann nicht die Ersatzprojektion eines begrenzten Egos, sondern zeitlose Elevation, die Öffnung in die Universalität equilibrierend entwickelnder Gesellschaftswelten als Teil eines kosmischen Kontinuums. Denn das sog. Paradies war vielleicht außen verloren, nie aber innen.



© J MICHAEL HEYNEN | GRÜNDER UND PRÄSIDENT DES  SENATE OF CULTURES