Mittwoch, 8. März 2017

SPIRIT CODES: Zur Grundlage des Selbst-Regierens und Regierens aus dem Selbst





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ZUR GRUNDLAGE
DES SELBST-REGIERENS UND
REGIERENS AUS DEM SELBST





S  P  I  R  I  T    C  O  D  E  S





EIN ESSAY ZUR
EMANZIPATION DES SELBST ALS
BEITRAG ZUR WEITERFÜHRENDEN ENTWICKLUNG
DURCH VERGEISTIGUNG DES LEBENS UND
VERLEBENDIGUNG DES GEISTES





© J. Michael Heynen






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KURZEINFÜHRUNG

SPIRIT CODES: Zur Grundlage des Selbst-Regierens und Regierens aus dem Selbst

Geist ist unverzichtbar. Nur Geist schafft die wahre Sinnstiftung und Qualität des Lebens – individuell wie gesellschaftlich. In dieser Schrift wird daher Geist nicht als Mysterium, sondern mit Hilfe von 'Spirit Codes' als grundsätzlich für jeden erfassbare Größe vermittelt. Spirit Codes sind individuell zu erzeugende, affirmative Formeln zur Unterstützung des je eigenen Prozesses: zur Emanzipation des individuellen Selbst als Grundlage innerer Führung zum Selbst-Regieren und als Voraussetzung des Regierens aus dem Selbst.

Durch die Rückverbindung des Ichs an das Selbst ist dieses vor allem aus den inneren und äußeren Gegensätzen und also Begrenzungen des Ichs zu befreien. Dazu wird der Leser schrittweise an die Bedeutung und Erarbeitung seines persönlichen Spirit Codes herangeführt, um dann den Weg für sich selbst und für sein Selbst weiterzugehen. Dies kann individuell wie für Gruppen durchgeführt werden.

Da die Entwicklung von Spirit Codes über die individuelle und Gruppenfunktion hinaus auch für weitere Anwendungen geeignet ist, wird die Verlebendigung des Geistes auch in gesellschaftlichen Zusammenhängen “durchgespielt”: Reflexionen zur sogenannten 'Transpersonalen Individualität' als innovative wie transformierende Grundlage für die Entwicklung und nachhaltige Sicherung friedlicher Koexistenz zwischen Individuen und Gesellschaftswelten.





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INHALT


Vorwort                                             

Einführung                     Am Anfang ist Geist 
        
I                                     Vom Wesen des Geistes     

II                                    Vom Wesen des Selbst      

III                                   Wesen und Entwicklung      

IV                                   Spirit Codes und Gruppe

V                                    Spirit Codes und Gesellschaft       

VI                                   Spirit Codes und Welt        

VII                                  Spirit Codes und Weltgeist  





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VORWORT


Geist ist unverzichtbar. Denn: Erst Geist schafft die wahre Sinnstiftung und Qualität des Lebens – individuell wie gesellschaftlich. In dieser Schrift wird daher Geist nicht als Mysterium, sondern mit Hilfe von 'Spirit Codes' als grundsätzlich für jeden erfassbare Größe vermittelt. Im Mittelpunkt steht dabei die Emanzipation des individuellen Selbst. Durch die Rückverbindung des Ich mit dem Selbst ist dieses vor allem aus den inneren und äußeren Gegensätzen und also Begrenzungen des Ichs zu befreien. Denn das Selbst ist das Zentrum menschlicher Existenz, frei und absolut, zugleich die erste Substanz des Geistes sowie die erhabenste Ursache des Lebens.

Spirit Codes sind eine individuelle affirmative Gebrauchsformel zur Unterstützung des jeweils eigenen Prozesses “zurück zum Selbst” als weiterführende Entwicklung „durch Vergeistigung des Lebens und Verlebendigung des Geistes” (Marc Jongen). Das individuelle Selbst als lebendiges Kontinuum zur Ich-Steuerung, zugleich als Geist geführtes Equilibrium zwischen Innen und Außen zu entwickeln, das ist das zentrale Angebot dieser Schrift insbesondere an denjenigen Leser, der sein Leben als Ursache begreifen und entsprechend wirken will. Dazu wird dieser schrittweise an die Methode zur Erarbeitung seines individuellen Spirit Codes herangeführt, um dann den Weg für sich selbst und für sein Selbst weiterzugehen. Dies kann individuell und/oder für Gruppen durchgeführt werden.

Da die Entwicklung von Spirit Codes über die individuelle und Gruppenfunktion hinaus für weitere Anwendungen geeignet ist, wird die Verlebendigung des Geistes auch in gesellschaftlichen Zusammenhängen “durchgespielt”: Reflexionen zur sogenannten 'Transpersonalen Individualität' als innovative wie transformierende Grundlegung für das Zusammenwirken von Individuen und Gesellschaftswelten. - Dieser gedankliche Rundgang zur weiterführenden Entwicklung des Menschen wird dann vorläufig abgeschlossen mit Überlegungen zum Weltgeist.

Für diese inspirierend wie ermutigend angelegte Einladung zu besagter Art gedanklichen Rundgangs erscheint zugleich folgender Hinweis unvermeidlich: Weder im geschriebenen noch ungeschriebenen Wort spielen religiöse, ideologische, sektiererische, prophetische oder okkulte usw. Konzepte oder Intentionen eine direkte oder indirekte Rolle. Wissen dieser Art und damit auch verbundener Gefühle werden selbstverständlich respektiert und geachtet. Es geht auch nicht darum, dem etwas entgegen oder daneben zu stellen, zu missionieren, zu moralisieren, die “Welt zu verbessern”. Schließlich ist auch das “geistige Rad” bereits erfunden und dreht sich in hinreichend vielen Variationen.

Auf seinem Weg wünsche ich dem Leser neugierig gespannte Ruhe und Freude an der Tiefe und Schönheit seines Selbst und seiner Weiterentwicklung, deren “Spiegelung” im Äußeren die Welt so not-wendig bedarf.



J Michael Heynen






EINFÜHRUNG


Die letzten Jahrhunderte haben insbesondere dem Freiheitskampf des Individuums und dabei der äußeren Entfaltung der Individualität gegolten. Die dabei jedenfalls gewaltfrei und demokratisch erzielten Erfolge bilden eine großartige Ausgangsgrundlage und materielle Basis für die gegenwärtige weiterführende Entwicklung des Menschen. 

Die heutige Lage menschlicher Entwicklung kann wie folgt beschrieben werden: Loslösung von religiös bestimmtem Glauben als zentraler Sinnstiftung, dann ein grundsätzlich hohes Maß an äußerer Freiheit, schließlich globalisierende Ordnungssysteme zur Organisation gesellschaftlicher (Ko-) Existenz.

Diese Ordnungsmächtigkeit bezieht ihre Legitimation und begreift ihre Verantwortlichkeit weitgehend aus der Bedürfniserfüllung des äußeren, formalen Ichs. Damit geht allerdings eine Art zunehmender Paralyse gesellschaftlicher Entwicklung einher, denn Erstarrung bedeutet Regress und am Ende Zerfall. Die lebensbegründenden “Sinnstiftungen” haben sich im Äußeren, im bloßen Ich verselbständigt, konzentriert und werden fast ausschließlich von der je aktuellen Bedingung der Ich-Realität konditioniert. Das birgt die Gefahr, dass sich der Mensch vom Immanenzgehalt, eben auch der Transzendenzfähigkeit seines Wesens (weiter) entkoppelt und sich zunehmend entmündigt, seiner Essenz entwürdigt und schließlich sogar die Autonomie des Ichs “verspielt”.

Welcher zusätzlichen und insbesondere transformierenden Qualität bedarf es also, um eine wahrhaftig weiterführende Entwicklung des Menschen zu inspirieren? - Eine Antwort auf diese Frage wird in dieser Schrift entworfen und lautet einführend verkürzt: Die individuelle (Rück-) Verbindung der Materie mit Geist. Denn beide sind ohne je das andere nichts, weil sie sich allein als solche nicht erfüllen; Realität ohne Geist ist entleert, Geist ohne materialisierende Realität “vertrocknet”. Es kommt zentral darauf an, diese so unterschiedlichen “Aggregatzustände” physischen und metaphysischen Lebens zu verschmelzen, zu balancieren und dadurch wechselseitig zu erhöhen, so dass eine Einseitigkeit oder Dominanz des einen oder anderen ausgeglichen oder aufgelöst wird. 

Diese Herausforderung hat Marc Jongen [nähere Angaben dazu siehe Literaturempfehlungen] sehr zutreffend zusammengefasst als “die Verlebendigung des Geistes und die Vergeistigung des Lebens”.

Aufgrund seiner im Universum wohl selten privilegierten, schöpfungsgemäßen Ausstattung kann der Mensch und nur der Mensch selbst diese Herausforderung meistern und gestalten. Freilich reicht dafür ein allein in traditioneller Kausallogik verhaftetes, in (äußeren) Interessenlagen und Gegensätzen verwobenes und also begrenztes Ich-Bewusstsein eben nicht. - Napoleon hat dazu eine sehr klare Erkenntnis hinterlassen, die er in seinen noch auf dem Sterbebett verfassten Memoiren notierte – hier sinngemäß zitiert: “Es gibt nur zwei wirklich bedeutende Mächte in dieser Welt: den Säbel und den Geist. Am Ende wird immer der Geist siegen!”

Geist ist also – individuell wie gesellschaftlich – unverzichtbar und konstitutiv für wahrhaftige Sinnstiftung und Lebensqualität. Denn Geist ist Ursache und non-konditionale Voraussetzung, das Ich-Bewusstsein zu überwinden durch das individuelle Selbst eben als Quelle der Bestimmung. Das Selbst ist die zentrale Instanz und Referenz weiterführender Entwicklung vor allem transformativ, denn im Selbst liegt der zugleich erhöhende “Schmelzpunkt” von Geist und Materie.

Erst im Selbst lassen sich physische und metaphysische Gesetzmäßigkeiten und Prozesse frei wie unabhängig wahrnehmen, verbinden, verdichten und transformieren. Dabei ist die Selbst-Entfaltung des Bewusstseins ein geistiger Prozess rein individueller Natur, der also innen beginnt, um sich dann im Äußeren zu manifestieren und lebendig zu vervollkommnen.

Diese Metamorphose zunächst des Bewusstseins enthält und entwickelt die Potentiale einer Prozessumkehr: “Die Menschheitsentwicklung erscheint als eine gewaltige Ausatmungsbewegung, die vom inneren Selbst wegführte, hinein in das Exil der äußeren Welt ...” (Marc Jongen). Jetzt geht es darum, dieses Exil zu verlassen, es geht um Rückkehr, um Rückverbindung des Ich mit dem Selbst. Es ist an der Zeit, nach Hause zu kommen, in diesem Sinne einzuatmen, aus dem individuellen Selbst als zentralem “Produkt” des Geistes ein Equilibrium zu entwickeln und umzusetzen, um Geist und Materie ausgleichend zu fusionieren.

Das Potential dieser Entfaltung des Selbst hat Kierkegaard so treffend und wunderschön beschrieben, indem er sagt: …“wenn die Seele in der ganzen Welt allein mit sich selbst ist, da tritt ihr gegenüber die ewige Macht selbst; es ist, als ob das Ich sich selbst wählt, sich selbst in Empfang nimmt. Da hat die Seele das Höchste gesehen, was nie vergessen werden kann, da empfängt die Persönlichkeit den Ritterschlag, der sie für die Ewigkeit adelt.“  

Und dabei erfüllt sich zugleich eine tiefe und unausweichliche Sehnsucht und Neigung des Menschen zur Transzendenz, unser Sein mit dem Absoluten zu verbinden und zu begründen. Die Bedeutung menschlicher Existenz wird im individuellen Absoluten reflektiert, und das Selbst verkörpert darin das Höchste. So ist das Selbst zentraler Grund unserer Existenz und zugleich die schönste und erhabenste Substanz, die erste Ursache des Geistes.

Diesem Weg sich bewusst gewollt und aktiv entschieden zu öffnen und hinzugeben heißt, ins Innere der Persönlichkeit, ins Wesen der Existenz einzutreten, Sinn und Qualität des Lebens eben aus dem Selbst zu schöpfen und zu verantworten. In dieser Schrift wird für diesen Weg eine Hilfestellung angeboten: die Entwicklung von sogenannten 'Spirit Codes' als individuellem Zugangsschlüssel zum Selbst. Mit 'Spirit Codes' wird so vor allem ein eher geistig-methodisches Angebot der Selbst-Generierung inspirierend ausgebreitet; es will und soll kein geschlossenes, zumal umfassendes Gedankengebäude vermittelt werden – im Gegenteil: Die wesentliche Essenz der hier dem Leser angebotenen Gedankenführung liegt natürlich in seiner höchst eigenen Erzeugung und Entwicklung des Selbst. Die balancierende, befriedende und befreiende Wirkung seines individuellen Spirit Codes des Selbst kann sich erst dann voll und substantiell entfalten und erfüllen. 

Dieser Prozess der Selbst-Entfaltung öffnet zugleich hin zu einer wesentlichen weiteren Kapazität: zur sogenannten 'Transpersonalen Individualität'. Darunter wird die Wahrnehmung und Verinnerlichung (Internalisierung) des jeweils anderen aus / in der Sphäre des Selbst verstanden. Diese Funktion des Selbst, auf das kommunikative und soziale Wesen des Menschen bezogen, ist eine für seine weiterführende Entwicklung zusätzliche zentrale Kapazität.

Daher ist die Erarbeitung von Spirit Codes über das Selbst auch für Gruppen und gesellschaftliche 
Prozesse besonders geeignet und wird im Folgenden unter Maßgabe verschiedener Perspektiven reflektiert. Auch dabei liegt die Zentralperspektive in der Frage: Welche Entwicklung dient am besten dem Menschlichen und Menschheitlichen? Was ist dabei das ‚Selbst‘ des Menschen, um sich und für andere regieren zu können?





I           VOM WESEN DES GEISTES


Vor dem “Anfang, an dem das Wort war”, war und ist Geist. Geist ist raumlos, zeitlos, endlos. Geist ist immer präsent, auch bevor wir etwas davon hören, sehen, fühlen – bewusst als solches so wahrgenommen oder unbewusst, besser: ungewußt. Geist ist – ähnlich dem Wind, der die Blätter eines Baumes bewegt – immer Ursache, nicht Wirkung. Erst die Wirkung also lässt Geist erkennbar, sichtbar, fühlbar werden, in einer Bewegung, Kommunikation, in der Sprache, in einer Aktion oder Reaktion. Geist bestimmt die Physis, ist also meta-physisch.

Dennoch: Geist ist erfassbar auch vor seiner Wirkung im Äußeren. Ahnen, Fühlen, Empfinden, Intuition, Erfahrung, inneres Wissen, Reflexion, vorausschauendes Erkennen, Denken, inneres, äußeres Wahrnehmen beschreiben oder erzeugen die geistige Ursache. Je bewusster wir uns dessen sind und uns auch im Geistigen “bewegen”, umso weniger erscheint Geist als Mysterium, als Arkanum, als “Dunkelkammer”.

Wenn wir wollen – absolut frei und ganz bewusst – können wir unsere Sinne auf unser geistiges Innere richten und so aktiv den Geist, die Ursache, erkennen, identifizieren und erfahren. Geist “entzündet” sich vor allem im inneren und äußeren Wahrnehmen und erzeugt sich in Fühlen und Denken. Dieser Impuls, dieses Gewahr-Sein ist das Momentum – nicht als Augenblick – des Geistesgegenwärtigen, der Eintritt ins Zeit- und Raumlose, Unbegrenzte, ins wahrhaftig Freie, ins Absolute.

Aus dem teils noch Unbewussten initiiert, steigt das Gefühlte, das Empfundene im Bewusstsein auf und verselbständigt sich in Form sich vorantreibender Gedanken. In Ruhe und Konzentration entsteht eine Gedankenfolge, ein Fluss rein innerer Kommunikation.

An diesem Punkt öffnet sich der Prozess, es strömen ganz unterschiedliche Quellen von kognitiv Erfassbarem ein: Erinnerung, Erfahrung, Einschätzung, Voraussicht, Bewertung, Planung, Kontrolle usw. Und hier erfolgt zumeist der Einstieg in gewohnte Muster der Logik, sich also gemäß den Regeln rationaler Nachvollziehbarkeit zu “disziplinieren”.

Spätestens dann ist zu entscheiden: Gebe ich mich der gewohnten Schematisierung meiner Gedankenführung ausschließlich hin mit der darin eröffneten Gefahr der Verödung oder gar Entleerung meines geiststiftenden Prozesses? Oder: Obwohl ich meine Gedanken ordne und sortiere, strebe ich danach, den Ursprungsimpuls meiner Reflexion weiter lebendig zu halten, also neben der Logizität meiner Gedanken das Gefühlte und Empfundene zu vertiefen, mich “gedanklich” ebenso bewusst darauf einzulassen und darin einzurichten, es wirken zu lassen und geistig zu erfassen? 

Wie oben gesagt: Geist erzeugt sich nicht nur im Denken, sondern im Fühlen. Während Geist vor allem auch die Logik, die Ordnung des Denkens gewährleistet, erhält das Gefühl die Dynamik des Prozesses. Erst dann kann sich diese treibende Kraft in Intuition, Imagination, Phantasie, Visualisierung inspirierend formen. Über das Rationale hinaus, während sich Gedanken und Gefühle weiter “beflügeln”, rundet sich Geist ins wahrhaftig Absolute und mündet im sogenannten Transrationalen und vor allem im Transpersonalen. Hier treffe ich auf mein Selbst. Ich begegne meiner geistigen Essenz, meiner realen Substanz.





II          VOM WESEN DES SELBST


Das Erhabenste gelebten Geistes ist, meinem Selbst zu begegnen, darin einzutreten. Das bewusste Fühlen und Denken – eben unabhängig vom Ego und seiner materiellen Verwobenheit – führt ins geistige Erleben, Begreifen, Erkennen auch tiefer individueller, zugleich transpersonaler Substanz.
Wahrscheinlich höchstes und zentralstes Anliegen, Geist zu leben, ist diese ausschließlich individuelle Begegnung mit dem Absoluten, dem Kern meines Selbst. Als innerster Prozess verdichtet sich mein Empfinden und inneres Wissen von mir und über mich zur Antwort auf die Frage: Wer bin ich? (Die Frage “Was bin ich?” - für die Welt des Egos – verstummt und bleibt dagegen unwesentlich, weil sie ohnehin nur zeit- und funktionsbedingte, also im Relationalen begrenzte Antworten erzeugen kann.)

“Wer bin ich?” - Damit öffnet sich das Bewusstsein weiter dem Erkennen und Erfassen meines Seins, meines So-Seins, meiner Qualitäten, meiner grundsätzlich gerichteten Empfindungslagen, ästhetischen Vorlieben, auch ethischen Positionen usw. Und zunehmend erlange ich wachsende Klarheit über die Gründe, die Grundlegung meines Seins. Das damit auch einsetzende Nachvollziehen meiner Ideen und Lebenslinien profiliert und legt die Architektur meines Wesens sowie die Dynamik zur Bildung der inneren Landkarte mit Richtung und Gewichtung frei.
Und während sich mein Rundgang im Wie und Warum meiner Existenz verstetigt, verschmelzen Vergangenheit, Augenblick und Zukunftsvision in meiner All-Gegenwärtigkeit. Mein Selbst-Gewahrsam führt mich in immer weiter klärende, substantiell befüllende Prozesse; so entdecke ich die Säulen meiner realen Bestimmung, die oberste, die absolute Wertsetzung meiner individuellen geistigen Essenz.

Habe ich diese Höhe meines metaphysischen Seins, meines Bewusstseins erreicht, den Geist meines Selbst erkannt, steige ich in die “Niederungen des Alltags”, die Bedingungen dieser Welt als ein “anderer” herab als der, der emporstieg. Aus diesem inneren Nach-Hause-Kommen, aus dieser absoluten Freiheit und Harmonie, aus dieser Klarheit, Bestimmtheit und Freude gehe ich mit substanzvoller Leichtigkeit, Souveränität, Gelassenheit, Wahrhaftigkeit und im Bewusstsein von Fülle und Kraft in das direkte und unmittelbare Leben zurück. Die kristallisierte Idee meines Selbst erzeugt eine unvergleichliche, reale Energie, die Energie aus dem Normativen gemäß meiner Bestimmung. Nach innen formt diese Energie gewissermaßen etwas Heiliges, nach außen gerichtet meinen Willen.

Mein Wille – immer noch in der Sphäre des Geistes, abgeleitet aus dem Selbst – ist die Vorbereitung auf die tatsächliche Umsetzung in meiner privaten und professionellen Welt. Ich fasse daraus Pläne, Absichten, treffe meinem Selbst entsprechende Auswahl und entwerfe Strategien. Und den Prozess des Geistes schließe ich vorläufig ab, wie ich ihn begonnen habe: mit Wahrnehmung, mit dem Impuls für Fühlen und Denken. Damit beginnt meine Wahrnehmung, sich nach außen zu richten: Angstfrei, neugierig und offen treffe ich auf das ebenso unvergleichliche “andere”, ich begegne dem Selbst des anderen Menschen und Wesens.

Jetzt, um sich wissend, mit meinem Selbst bewusst verbunden und eng vertraut, wende ich Form und Bewegung meiner inneren Kommunikation in die äußere. Das von Geist wie vom Selbst geführte Ich bietet so Wahrnehmung und Austausch, mein Geist strebt, inspiriert, wirkt in die Realität. Und so bin ich wahrnehmbar als der, der ich bin aus der Mitte meines Geistes, durch die Wahrhaftigkeit meines Selbst. Denn ich lebe meinen Geist und also die Idee meines Selbst ganz real.

Das so geschaffene und angewandte Selbst formt das Wie und Wohin meines Wegs, meines personalen Ichs. Nicht die Bedingtheit des / der Ichs und des gesellschaftlichen Über-Ichs bestimmt mein Sein, sondern mein im Selbst-Bewusstsein rückverbundenes und befreites, Selbst geführtes Ich.

Die Bedingungen der physischen Realität werden damit klar geordnet, intensiver und auch “operativ” freier wahrgenommen. Die Emanzipation vom Ich durch Freilegung des Selbst erhöht ganz wesentlich also auch meine äußere, kommunikative Kapazität. Die Fusion von Selbst und Ich, von Innerem und Äußerem, gewährleisten so ungeahnte Erfolgschancen kreativer und dynamischer Interfusion und Transfusion individueller geistiger Dynamik ebenfalls in Gruppen und gesellschaftlichen Prozessen.





III          SPIRIT CODES – WESEN UND ENTWICKLUNG


Wenn ich meine Führung aus dem Geist, aus meinem Selbst entfalte, ist mein Bewusstsein – wie oben beschrieben – erfüllt von einer Art unendlicher Kraft. Dies ist eine vertikale Kraftlinie, da sich mein Bewusstsein eben aus der Quelle meines Geistes speist; dies ist meine innere, von oben nach unten geschichtete Welt, homogen, zugleich unbegrenzt, von kosmischer Dimension und universeller Ordnung geprägt.

Im Verhältnis zu dieser metaphysischen, inneren Welt steht die physische, äußere Welt, materiell, raum- und zeitbedingt, geregelt oder chaotisch, mehrdimensional erfahrbar. Diese äußere Welt ist freilich nicht identisch mit “meiner”, der inneren Welt, daher begegne ich ihr neutral. Zugleich ist dies nicht nur die Welt meiner körperlichen Präsenz, sondern das alltägliche Angebot, kreativ zu gestalten, zu formen, dabei mitzubestimmen und meine innere Welt in die äußere hineinzutragen, nach besten Möglichkeiten einzubringen. Ich kommuniziere, begründe Beziehungen, meine “innere Führung” strebt nach Einwirkung, Überzeugung und Umsetzung im Äußeren.

Und je verhältnismäßiger und angemessener – im Verhältnis zu meinem Selbst – ich meine Beziehungen und Kommunikationen auswähle und pflege, umso erfolgreicher kann die Umsetzung meiner Ideen, Pläne, Vorstellungen, Strategien etc. gelingen. Zunehmend entdecke und erlebe ich das andere Ich mehr und mehr auch auf der Ebene seines Selbst und assoziiere mich damit. Ich werde Teil, womöglich treibende Kraft einer realen menschengerechten Konstellation, der ich mich vertrauensvoll und wahrnehmungsintensiv, liebend und gestaltungsoffen hingebe.

Das ist die Konsequenz, die Wirkung daraus, dass mein Ich mit dem Selbst verbunden ist und immer wieder damit in Einklang gebracht wird. Und dies gelingt umso mehr, als ich im Rahmen meines Selbst einen “inneren Tempel” forme, erbaut aus und auf einem stabilen Fundament.
Für diesen Prozess bieten die Spirit Codes oder 'Kode des Geistes' eine Art methodischer Hilfestellung, eben dieses Fundament zu errichten: Die Grundlegung für mein identisches Fühlen und Denken sowie authentisches Handeln.


Was ist ein Spirit Code?

Ein Spirit Code – vereinfachend vorangestellt – ist der Zugangsschlüssel zu meinem Inneren, eine Art Formel meines Selbst oder Quell-Code meines Geistes. Daher ist ein Spirit Code höchst individuell und Ausdruck innerster persönlicher Substanz, als solcher zugleich je nach Entwicklung flexibel und offen zu gestalten.

Als formelhafter Ausdruck des Selbst ist der so angewandte Spirit Code eine Art direkte sprachlich-abstrakte, teils symbolisierende Beschreibung meiner individuellen geistigen Substanz, Essenz. Damit steht mir eine gewissermaßen alltagstauglich formulierte Sprachversion meines Selbst – mit einer Affirmation vergleichbar – jederzeit zur Verfügung, mich also schnell und gezielt über mein Ich hinaus mit meiner inneren, geistigen Welt zurück zu verbinden.

Denn nicht immer finde ich die angemessene Ruhe und Konzentration, mich auch in kurzer Zeit in meinen inneren Tempel zurückzuziehen. Umso mehr – etwa in Krisen, Konflikten, bei Traurigkeit oder auch bloßer Verwirrung, Irritation meines Bewusstseins – habe ich das dringende Bedürfnis, mich meiner inneren Kraft rück zu versichern, mich mit meinen höchsten und besten, essentiellen und energetischen Ressourcen rück zu verbinden.

Mein individueller Spirit Code führt mich dann in wenigen Augenblicken nach innen, in meine Gegenwärtigkeit zurück, um daraus mit innerer Distanz, Konzentration, Stabilität und Souveränität das zu lösen, was sich mir in der äußeren Realität stellt. Dieser äußeren Realität begegne ich dann aus besagter innerer Kraft mit Leichtigkeit, Erhabenheit und zugleich mit der erforderlichen Gewahrsamkeit und Wahrnehmungsintensität. Nicht mehr aus der Betroffenheit des Ich, sondern von “höherer Warte” aus sichere, nutze und erweitere ich meine notwendige Freiheit, kreativ und geistgeführt, auf die Realität einzuwirken, diese womöglich sogar zu dynamisieren und überzeugend zu transformieren.

Kurz: Der Spirit Code ist zuerst “geronnener” Geist des Selbst und verbindet dann – von innen nach außen – das Innere mit dem Äußeren, das Selbst mit dem Ich, die vertikalen Kraftlinien mit den horizontalen, das Metaphysische mit dem Physischen, das Bewusstsein mit dem Sein.


Wie kann ein Spirit Code entwickelt werden?

Als formelhafter Ausdruck des Selbst bedarf der Spirit Code bildhaft beschreibender sowie symbolischer Formulierung und sprachlicher Präzisierung von innerem Wissen, Eigenschaften, Qualitäten, Visionen usw. Dies ist nicht unbedingt leicht niederzuschreiben, denn eine Fülle innerer Bewegungen, Einschätzungen, Eingebungen zumal aus der wirklichen Tiefe meines Seins sind “auf den Punkt zu bringen” und nach Prioritäten gemäß den mir bewussten inneren Prozessen zu erfassen und aufzuschreiben.

Daher empfehle ich anzustreben, eine Art Selbst - Affirmation zu erstellen, die sich aus begrifflich vereinfachten Antworten auf das klassische “Wer? Wie? Was?” zusammensetzen. Mit einer dennoch gewissen Leichtigkeit, zugleich selbstkritischen Wahrhaftigkeit ist dabei auf das Wesentliche und Wesengemässe abzuzielen, um es dann den nach Prioritäten geordnet zusammenzufassen und zum Spirit Code zu verdichten.

Für diesen inneren Dialogprozess kann jeder Leser natürlich sein ihm am geeignetsten erscheinendes Verfahren entwickeln. Dennoch schlage ich dafür als eine Art von Hilfestellung oder Leitfaden zunächst die Beantwortung folgender Fragen vor:


I           W E R ?

1          Wer bin ich? Was ist die Idee von mir selbst?
2          Was ist der Grund, die Aufgabe meines Daseins?
3          Von welchem grundsätzlichen Motiv und Ziel ist mein Lebensweg gekennzeichnet?


II          W I E ?

1          Was sind meine besten Eigenschaften und Qualitäten?
2          Was sind meine zentralen Grundwerte und Maximen?
3          Was sind meine Vorlieben und Leidenschaften? Was macht mir größte Freude?


III          W A S ?

1          Was ist die zentrale Linie oder mein Haupt-Fokus für meinen weiteren Lebensweg?
2          Was ist meine Vision? (Assoziationen, Imaginationen, Phantasien)
3          Was will ich mit höchster Priorität und mit größter Freude gestalten und / oder weiterentwickeln?


Es empfiehlt sich, diese Fragen im Rahmen einer Stunde mit Ruhe und Konzentration im Zusammenhang zu beantworten und sich dann nochmals zu einem anderen Zeitpunkt für  weitere Durchgänge in die Antworten zu vertiefen und diese womöglich zu korrigieren. Denn: Da die Antworten auch den jeweiligen Reflexionsstand wiedergeben, können sie sich natürlich nach einer gewissen Zeit etwa in ihrer Prioritätensetzung verschieben und sind im weiteren Durchlauf der Entwicklung anzugleichen und zu präzisieren.

Dabei kann es zur Erarbeitung und Vorbereitung der Antworten hilfreich sein, sich auch eines Verfahrens zu bedienen, das ich als Selbst- oder Self-Mind-Mapping bezeichne und insbesondere auch für die Entwicklung eines Spirit Codes von Gruppen empfehle.

Die beim “inneren” Brainstorming aufkommenden, gesammelten Worte, Begriffe, Bilder,  Assoziationen, Gedanken, Ideen, kognitiven Einfälle, Eingebungen, Themen, Ziele, Aufgaben, Wille, Gefühle, Erinnerungen usw. können in diesem Verfahren strukturiert werden, d. h. Zusammenhänge können visualisiert, Beziehungen vernetzt und Querverbindungen hergestellt werden.

In offener, kreativer Weise entsteht dadurch ein zugleich die Gedanken, Teilantworten präzisierender, gewichtender, profilierender Prozess, der in einer klar angelegten Karte, eben dem Mind-Map, mündet. [Ich bitte den Leser, sich bei Bedarf über die generelle Anfertigung einer Mind-Map im Internet, etwa bei Wikipedia, näher zu informieren.]

In welchem Verfahren auch immer die oben angebotenen Fragestellungen eine Antwort gefunden haben, diese sind dann je nach Gewichtung und Priorität - vorschlagsweise zunächst jeweils maximal drei als Schlüsselbegriffe verkürzt zu listen - herauszufiltern und in das wie folgt angebotene, eher beispielhafte “Schema” einzufügen:


ALS                                                                                   [Antwort I 1]
GELEITET VON                                                             [Antwort I 2]
STREBE ICH AN                                                            [Antwort I 3]

ICH VERFÜGE ÜBER / BEHERRSCHE...                [Antwort II 1]
UND BIN GLEITET VON                                            [Antwort II 2]
DAHER FREUE ICH MICH                                         [Antwort II 3]

ICH KONZENTRIERE MICH                                      [Antwort III 1]
DENN DIE VISION MEINES SELBST IST                [Antwort III 2]
ALS UMSETZUNG WILL ICH                                    [Antwort III 3]


In diesem – oder in einem ähnlich angelegten Prozess – entsteht die sprachliche Fassung der Selbst–Affirmation, die Affirmation über mein individuelles Selbst. Die 3 x 3 Antwortfelder können auf einer Karteikarte o. ä. niedergeschrieben und “griffbereit” mitgeführt werden – eben zum Zweck der schnellen Rückanbindung, Konzentration und Bündelung meines Selbst-Bewusstseins in jeder dafür wesentlichen Situation.

Bei regelmäßiger Wiederholung wird die Wirkung meiner Selbst-Affirmation verstetigt, prägt sich immer tiefer ein und steht mir gewissermaßen automatisch zur Verfügung. Natürlich können sich dabei Abänderungen oder Nachbesserungen im Sinne von Vertiefung der jeweiligen begrifflichen Bedeutung und Zuordnung ergeben.

Schließlich ist das Verfahren selbst bereits von grundlegender Bedeutung. Denn wer die Fragen und Antworten durchlaufen hat, erkennt ganz unmittelbar, dass sich dieser Prozess nicht nur zur auch schnellen geistigen Versenkung, sondern genauso zur gesteigerten Erfassung der äußeren Welt besonders eignet: Eben mein absolutes Selbst, das Metaphysische, mit der wahrzunehmenden Realität zu verbinden und jeweils zu korrelieren.

Diese Verbindung zwischen Innen und Außen wird also angesteuert und umgesetzt durch die Affirmation meines Selbst und geführt durch den Erkenntnisprozess meines Geistes. Damit ist mein individueller Spirit Code erzeugt, die Grundlage für die kraftvolle und dynamisch freie und kreative Ausgestaltung meines Lebenswegs. Der Spirit Code wird so zum individuellen inneren Quell-Code meines Selbst geführten Bewusstseins und seiner dynamischen Realisierung eben im Sinne von: Geist leben! Denn schließlich gilt: Geist führt!




IV         SPIRIT CODES UND GRUPPE


Oben wird das Wesen des Spirit Codes als Funktion des Geistes und des Selbst  beschrieben und als grundsätzlich höchst individuell bezeichnet. Schon seine Entwicklung ist natürlich immer an einen einzelnen Menschen und seine innere Welt gebunden. Und es ist oben ebenfalls abgeleitet, dass der Spirit Code als Quelle meiner Selbst (Er-) Kenntnis – die innere Verbindung zwischen dem Absoluten und dem Relationalen, zwischen meiner Selbst–Bestimmung und den Bedingungen der äußeren Realität – besonders befähigt, sensibilisiert und weiter öffnet, den anderen Menschen und dessen – bewusstes oder unbewusstes – Selbst wahrzunehmen und zu erfassen.

Jedenfalls erhöht die Anwendung des Spirit Code wesentlich die Chancen, schlüssiger und deutlicher das Wesen des anderen hinter der Fassade des Egos mehr als zu ahnen, sich darin einzufühlen, schließlich verinnerlichend (internalisierend) damit zu verbinden. So ist damit vor allem die sehr erfolgversprechende Voraussetzung dafür geboten, dem authentischen Menschen im anderen zu begegnen, vor allem bei daraus folgendem gemeinsamem Handeln eine reale Beziehung auf einer gegenseitig gewährleisteten Ebene der Wahrhaftigkeit, des Vertrauens, des substantiellen Verstehens und wirklichen Wertschätzens vorbehaltlos, angstfrei und kreativ zu gestalten.

Ob in privaten oder professionellen, in kurzfristigen Interaktionen oder in langfristig angelegten Beziehungen, die Beteiligten werden auf diese Weise zu tatsächlichen Partnern, möglicherweise zu Freunden oder schließlich zu “Brüdern im Geiste”. Dabei ist eben nicht mehr die Ebene des zumeist interessen- und bedingungsabhängigen jeweiligen Egos die entscheidende, sondern – bei aller Individualität – die beidseitig internalisierende Ebene der einzelnen Selbst. So wird eine zusätzliche Qualität des Zwischenmenschlichen geschöpft und gelebt, die freilich mehr ist als die Summe der Beteiligten: das gemeinsame, miteinander verschränkende und verschmelzende Transpersonale.

Das Transpersonale ist das vom jeweils individuellen Selbst getragene, das das Ego integrierende, normativ kontrollierende “Gefäß”, zugleich vor allem das verbindende Vehikel hin zur Wahrnehmung des anderen und darauf abzustimmender Kommunikation.

Der individuelle Spirit Code schafft für die Interaktion zweier oder mehrerer Menschen – welche Gründe oder Interessen auch immer sie zusammenführen - auf diese Weise nicht nur die Voraussetzungen für einen soliden 'Common Ground', sondern die Entwicklungschance für einen 'Common Sense / Mind', genauer: den Geist der Gruppe oder sogenannten 'Esprit de Corps'.

Das je internalisierende Selbst interagiert somit transpersonal und schöpft mit den anderen Mitgliedern der Gruppe eine über-individuelle Qualität aus oder hin zu gemeinsamem Geist. Nicht mehr ein Über-Ich aus gleichschaltenden, konsenshaften, klare Willensbildungen kompensierenden Projektionen entsteht, sondern ein je individuell Geist geführtes Gruppenbewusstsein. Damit geschieht weitaus mehr als die volkstümliche Sekundärtugend des “Was Du nicht willst, das man dir tue, füg auch keinem andern zu!” verlangt. Die bedingte und begrenzte Ebene des Ego wird eben eingebettet in die dann wahrhaftige Erreichbarkeit des berühmten 'Kategorischen Imperativ' von Immanuel Kant: “Handle so, dass die Maxime deines Handelns zur allgemeinen Gesetzgebung erhoben werden kann!”

Das Geist geführte Gruppenbewusstsein begründet und beinhaltet die normative Referenz für jede interne und externe Interaktion. Und so kann die wesentliche Qualifizierung des Gruppenbewusstseins ihre weitere, eigentliche Erhöhung erfahren, die über die “gesetzgebende” Normativfunktion einer Vereins- oder Unternehmenssatzung, eines privaten oder völkerrechtlichen Vertrages, eines Gesellschaftsvertrages oder auch einer Verfassung hinausgeht: Das Gruppenbewusstsein als eigentlich identitätsstiftende Substanz und Basis bestimmt den “Geist des Vertrages”, den “Geist der Verfassung” als oberste Normebene.

Die normstiftende Funktion des Gruppengeistes für die Anwendung in alltäglichen Prozessen und Dynamiken ist ebenso stabilitäts- wie ordnungsstiftend auch bei der Formung gesellschaftlicher Grundwerte. Zugleich ist der Rückbezug darauf, die Erinnerung, der Appell selbst in feierlicher Rede dann eher ungeeignet, wenn der “Geist” der Gruppe als mystifizierendes Über-Ich (z. B. als “Staatsräson”) rein formal reklamiert wird, da es dabei dann an auch tatsächlich verbindender wie verbindlicher Klarheit, Präzision und Durchdringung des konkret erfassbaren Geistes und seiner normativen Führungskraft mangelt.

Wahrer Gruppengeist verfügt also nur dann über eine hinreichende Legitimation und einheitsstiftende Identifikation, wenn die je individuellen Selbst, ihre Ideen, Willen, Wertprioritäten in essentiell begründetem Konsens abgestimmt und als präzise Maxime objektiviert und verfasst werden. So wird der gruppenspezifische Spirit Code generiert. Das Verfahren der Ausarbeitung, der Prozess der Kodifizierung des je spezifischen Gruppengeistes verläuft analog zur Entwicklung des individuellen Spirit Codes, so auch etwa im Rahmen eines Mind-Mapping, wie es ebenfalls oben angesprochen ist.

Allerdings ist in jeder Konsequenz als grundsätzliche Unterschiedlichkeit zwischen individuellen und gruppenspezifischen Spirit Codes zu berücksichtigen: Der individuelle Spirit Code ist wesentlich als aus dem Absoluten geronnene geistige Substanz zu begreifen und als solcher für das jeweilige Individuum objektiv; der Spirit Code der Gruppe wird zwar – vom Individuum getragen und prozessiert – also auch daraus abgeleitet, kann aber lediglich eine subjektive, als solche maximal objektivierende Normativität entfalten.

Dennoch ist der jeweilige Spirit Code einer Gruppe von uneingeschränkter Bedeutung für die internen wie externen Gruppenprozesse und -dynamiken, wenn und soweit er im Rahmen eines konsequent transpersonalen Diskurses entwickelt, optimiert und bei Änderungsbedarf angepasst werden kann. Ein solcher klar strukturierter Spirit Code ist Ausdruck des reflektiv und diskursiv geläuterten Gruppenbewusstseins und seiner je individuellen Kapazität der Gruppenmitglieder. Die durch die einzelnen Selbst geschöpfte Identität formt eine Art neuer Persönlichkeit, ein – im tatsächlichen Sinne des Wortes – transpersonales Selbst, das den offen kommunizierten Geist des individuellen Selbst koordiniert, integriert und inkorporiert.

Im Folgenden wird die Anwendung von Spirit Codes vor allem im Zusammenhang professioneller Gruppenfunktionen “durch-konjugiert” und mit grundsätzlichen wie klassischen Phänomenen des insbesondere gesellschaftlichen Lebens und dieser Welt ins Verhältnis gesetzt. Dabei geht es konsequenterweise auch nicht unpolitisch zu, doch geht es dabei nicht um politische Konzeption oder Programmatik – dies sei anderen überlassen -, sondern im zentralen Blickpunkt steht der Mensch und “Geist zu leben”. Denn die Ursache dafür ist individuell, die Wirkung jedoch von potentiell gesellschaftlicher Tragweite.




V          SPIRIT CODES UND GESELLSCHAFT


Wer dem Postulat folgt, dass das Bewusstsein das Sein bestimmt, richtet sein Leben an der erhabenen wie erhebenden Bestimmungsgröße des Geistes aus. Als solcher beschreibt Geist freilich eine andere Qualität als die Ansammlung von Wissen und “passiver” Bildung; Geist ist dann Kraftquelle, Sinnstiftung, Entwicklungsenergie und im Übrigen notwendiges Steuerungsinstrument der Intelligenz.

Wie oben abgeleitet, dient eben genau hier der jeweilige Spirit Code zur bewussten und gezielten Anwendung des Geistes, seiner zur Routine werdenden Verbindung und Korrelation mit der inneren und äußeren Realität, die aktive Verwebung des Lebens als unendlicher Dynamik mit den Schöpfungspotentialen des Geistigen und Geistgeführten. Wie gesagt: Der Spirit Code als “Quell-Code”, als inneres “Open-Source-System”, mit der Funktion eines Equilibriums aus dem Selbst gemäß zu lebendem Geist.

Die im Spirit Code zusammenfassend skizzierte Identität des Selbst hebt die Schranken des von inneren und äußeren Gegensätzen getriebenen Ichs auf und befreit also ins Transpersonale und Transzendente. Am wenigsten die Autonomie des Ego, sondern die Individualität des Wesens Selbst, sein substantieller Immanenzgehalt, seine geistige Natur ist ausschlaggebende Determinante jeder Interaktion. Die damit sich einstellende transpersonale Individualität gewährleistet – siehe Spirit Code und Gruppe – dann zugleich den tatsächlichen, eben geistig fundierten Zusammenhalt, die Führung und Funktion von Gruppen sowie damit auch gesellschaftliche Strukturen.

Wer sich einmal die Geschichte des Menschen und die Entwicklung seiner gesellschaftlichen Systeme bis heute vergegenwärtigt, kann feststellen, dass es zumeist um zwei zentrale Bereiche ging: die Transzendenz und die Freiheit. Dabei ist es allerdings Glaubens- wie Politiksystemen wohl nie gelungen, sich in legitimer Wahrnehmung ihrer Verantwortung und Macht nachhaltig aus den Fesseln des Egos und seiner Projektionen zu lösen und sich dauerhaft auf das Wohl des Menschen gemäß seinen Potentialen und seiner notwendigen Entwicklung zu konzentrieren.

Der eine oder andere Leser mag hier einwenden: Immerhin haben wir trotz blutigster Auseinandersetzung zumindest formal “die Demokratie” und “die Autonomie des Subjekts” erkämpft. - Dem stimme ich grundsätzlich und mit großem Respekt für den Freiheitskampf zu. Dennoch: Wer oder was ist das “Subjekt”? Das personale Ich – oder eben mehr?: Das transpersonale Individuum?

Das ist nicht rhetorisch gefragt; eine im personalen, damit im äußeren Ich anhaftende Gesellschaft hat jederzeit die Chance einer auch weiteren Befreiung aus der rein ego-bestimmten und bedingten Begründung ihres Zusammenlebens, um damit jedenfalls einer gesellschaftlichen Beliebigkeit sowie geistigen “Entleerung” zu entgehen. Um aus der polarisierenden Gegensätzlichkeit des Ego herauszukommen, ist dann kein Kampf mehr notwendig und ohnehin untauglich, im Gegenteil: Für die Rückanbindung des Ich an das Selbst ist lediglich zu überzeugen und zu ermutigen. Um eben aus dem Equilibrium zwischen innen und außen auch gesellschaftliche Prozesse Geist geführt voranzutreiben und zu fazilitieren, dazu können Spirit Codes ebenfalls als Hilfsmittel genutzt werden. 

Im Folgenden werden dazu – jeweils mit Stichworten betitelt – unterschiedliche “Phänomene” zwischenmenschlicher, gesellschaftlicher Interaktion reflektiert:




MENSCHENWÜRDE


In Anlehnung an den Philosophen Leszek Kolakowski, der zwischen dem sogenannten “Forum Internum” und “Forum Externum” differenziert, unterscheide ich im Folgenden die äußere und innere Menschenwürde. - Die äußere Menschenwürde ist grundsätzlicher Maßstab und Legitimationsrahmen der Menschenrechte. Insbesondere als letztere sind sie der Staatlichkeit gegenübergestellt und zentrale Referenz für die “Autonomie des Subjekts” - und das nach wie vor insbesondere auch im globalen Zusammenhang von teils erschreckender Not-Wendigkeit.

Dennoch: Unabhängig von der einzelnen, auch kulturell bedingten Ausformung und Einhaltung der Menschenrechte verfügt die äußere Menschenwürde über einen klar zu standardisierenden Kern: Ein dem Menschen adäquates Grundmass an sicherer und selbstbestimmter Existenz und Entfaltung. Dieser Minimalstandard allerdings bleibt, auch wenn selbst dieser heute noch so häufig unterboten wird, bloßer Abwehrmechanismus des personalen Ichs.

Zur Menschenwürdigkeit einer Gesellschaft gehört also mehr als die juridisch formale, “passive” Interaktion: Die innere Menschenwürde als Ausdruck und Funktion des Selbst, als zentraler Projektor, als Bestimmungsgröße der äußeren Menschenwürde. Erst die geistgeführte Selbst–Bestimmung erzeugt die wahre kreative Substanz, auch auf die gesellschaftliche Realität aktiv Einfluss zu nehmen, deren Entwicklung zu dynamisieren, zu transformieren.

Das aus der Einseitigkeit und den Schranken des Ichs emanzipierte Selbst agiert dann aus transpersonalem Bewusstsein und mit authentisch gefasstem Willen,  seiner inneren, seiner realen Würde entsprechend. So ist die Achtung, Pflege und Förderung schöpfungsgemäßer Unterschiedlichkeit menschlicher Individualität der Minimalstandard gemäß der inneren Menschenwürde.

Gruppen oder Gesellschaften mit dieser Grundprägung aus innerer Menschenwürdigkeit verfügen dann auch über die evolutionären Potentiale und die qualitative Kompetenz und Größe ihrer Führungspersönlichkeiten, die komplementären Kapazitäten der jeweiligen Gesellschaft oder zwischengesellschaftlichen Prozesse synergetisch wie transformativ zu gestalten und zu steuern: Die Bestimmung innerer Friedlichkeit aus der Führung des Selbst erzeugt die äußeren Bedingungen realen Friedens.




WAHRHEIT


Die Wahrheit als solche, auch die höhere oder selbst die göttliche Wahrheit gibt es nicht, solange oder soweit diese von der Vermittlung durch Menschen abhängt, zumal mit Unfehlbarkeit und/oder Ausschließlichkeit behauptet. Wahrheit ist auch mehr als der allgemeine Sprachgebrauch es vorgibt, wenn wir von Dingen der physischen Realität, ihrer Beweisbarkeit im Sinne von richtig oder falsch sprechen. Denn das Wesentliche des Wahren offenbart sich ausschließlich im Inneren des Menschen, als sich ausformende Resonanz im Selbst, als Prozess reflektierenden Denkens und kontemplierenden Fühlens. Wahrheit basiert also nicht auf dem sinnlichen, außen Erfahrbaren oder Beweisbaren, sondern beschreibt eine Art individuellen inneren Wissens, das dem einzelnen als schlüssig und unumstößlich erscheint.

Das Selbst–Bewusstsein, etwas für wahr zu halten, grenzt an oder ist das Absolute, das nicht mehr allein rational oder kausal erfassbar und begreifbar ist oder sein kann. Das Selbst, das sich den dazu notwendigen Imaginationen und Eingebungen öffnet, kann das Wahre ebenso integrieren wie die Wahrnehmungen über die Realität und ihrer Hintergründe. Wahrheit konstituiert sich im Selbst als die sich verdichtende Mischung von niedrigeren und höheren Sphären der Reflexion und Kontemplation.

Dies zugrunde gelegt, ist umgekehrt Unwahrheit, also Lüge, auch je nach Kontext Verheimlichen oder Verschweigen, in der Sphäre des Selbst nicht möglich, in der des Ich umso mehr. Und da die zwischenmenschliche Interaktion auf der Ebene des/der Ichs stattfindet, bedarf es des Beweises zur “Verifikation”, die mögliche Richtigkeit des Behaupteten. Falschheit oder Richtigkeit vermessen damit allerdings immer nur die äußere, die dinglich physische Realität. So bleibt sogar der Versuch, Gott zu beweisen, untauglich, wenn die äußere “Wahrheit” nicht der inneren und innen erzeugten Erkenntnis entspricht. Alles, was im Äußeren erfahrbar, auch beweisbar ist, ist also nicht geeignet, die reine innere Wahrheit auszudrücken und zu beinhalten.

Folglich ist es dann meist recht risikobeladen, die physische Realität “für wahr” zu halten, denn die Gründe der äußeren Erscheinung sind nicht sichtbar, sondern Teil einer Art Black-Box. Die als “wahr” empfundene Realwelt wächst sich schnell zur Illusion aus, denn das menschliche Ich neigt – eben allzu menschlich und verständlich – zu projizierender Ersetzung des Unsichtbaren, Unbekannten. Mit Intuition oder Lebenserfahrung wird allzu oft die jeweils egomanische (Ersatz-) Projektion “rationalisiert” und erklärt oder verklärt.

Etwa am Beispiel partnerschaftlicher Liebe zeigt sich recht deutlich, wie diese Projektionsenergie darauf fixiert ist, vom jeweiligen “Opfer” der Projektion entsprechende Liebesbeweise zu erhalten. Und wenn sich dann beide Seiten aus den eben impliziten Erwartungen heraus gegenseitig egomanisch projizieren, werden folgenschwere Irrtümer und zunehmend endgültige Entfremdung die Partnerschaft paralysieren.

Wahrhaftige Liebe ist frei, unbedingt und weder zu beweisen noch zu wissen oder zu kontrollieren. Liebe rührt aus der Mitte des Selbst, das das Ich ein- und anbindet mit all seinen Wünschen, Gegensätzen, Bedingtheiten. Die Partnerschaft von Du und Ich ist kein “Geschäft”, sondern atmet und lebt aus der gegenseitigen, freien Wahrnehmung sowie beidseitigen Weiterentwicklung je des Selbst. Erst diese Erhabenheit schafft die Raum- und Zeitlosigkeit des “Berge-Versetzens”.

Das bewusste, Geist geführte Selbst verfügt über das innere Wissen und so das Erkennen im anderen und des anderen. Menschliche Interaktion braucht also vor allem das bedingungslose Selbst als Quelle von Wahrheit und Wahrnehmung, wenn sie aus Menschenliebe oder “geistiger Verwandtschaft” zur Fusion strebt. So entsteht auch die Grundlage für tatsächliche, reale Wahrheitsfindung.




WERTE | WERTSETZUNG


Werte sind rationale und/oder emotionale, subjektive oder objektive Einschätzungen, bezogen auf die Qualifizierung von Ideen, Eigenschaften, Beziehungen, Interaktionen, materiellen Dingen usw. Insbesondere immaterielle Werte, vom Individuum erzeugt oder selbstbestimmt übernommen, sind im Verhältnis zu bloßen Einstellungen oder Haltungen langfristig angelegt und gelten als kulturstiftend, Ordnung erhaltend und stabilisierend.

Als solche erzeugen Werte auch ein Normbewusstsein von Gruppen und Gesellschaften, oft gefasst als Tugenden oder auch – auf gesellschafts- wie staatspolitischer Ebene – als Staatsräson wie etwa Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden usf. Darüber hinaus kann auch von einer universellen Wertbildung – analog zur Menschenwürde – ausgegangen werden, wie sie den grundsätzlichen Bestimmungen und Bedingungen des Mensch-Seins entspricht.

Werte oder auch Grundwerte sind ein wesentlicher Baustein bei der Entwicklung des je individuellen Spirit Codes (vgl. oben Frage II  2). In enger und wesensgemäßer Verbindung mit der Idee von mir und meinem Selbst wird das “Wie” meines Seins sowie meiner Entfaltung geprägt. Im Rahmen meiner Selbst–Affirmation ordne ich mir direkt und authentisch – eben unabhängig von äußeren Wertbindungen, Vorbildern, sozialen Normen – Grundwerte mit der mir adäquaten Priorität und äquivalenten Konstellation zu. Die zentralen Werte meines Seins und Sein-Sollens wähle ich - sicher im Äußeren erfahren und gelernt – gemäß meiner durch Fühlen und Denken geklärten Identität. Nicht äußere Wirkfaktoren in der Welt, sondern meine inner-individuelle Wertgenerierung, 

Wertbestimmung gemäß Idee, Motiven und Gründen meines Selbst und der Entwurf meines Seins / Sein-Sollens bilden die zentrale Quelle, zugleich oberste wertnormative Instanz und Referenz.
Das Selbst konstituiert meine Wertkonzeption und bestimmt die Wertverwirklichung, die Wertumsetzung durch das vom Selbst geführte Ich. Auf dieser Basis werden auch gesellschaftliche Wertewandel oder Wertkonflikte etwa in Gruppen antizipiert, internalisiert und aus innerer Distanz im unabhängigen Selbst korreliert. Dieser aktive geistige Prozess innerer Auseinandersetzung und Bewältigung als Wertevaluation hin zur Wertbindung des Selbst gewährleistet insbesondere die jeweils notwendige inner-individuelle Dynamik stetiger Entwicklung insbesondere als “Selbstbildung und Selbsttranszendenz” (Joas).

In eben dieser Art der Wertbestimmung und Wertbindung kann eine besonders kulturstiftende Funktion und Wirkung der Grundwerte auch im Sinne gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse erkannt werden. Denn solange Werte in der Individuum-Welt-Beziehung lediglich oder mehrheitlich als Wirkfaktoren aus einem Nicht-Tun oder Nicht-Tun-Sollen resultieren oder begriffen werden, sind geistige Entfremdung und Entleerung sowie letztlich reine Konformität die Folge. Die notwendige Entwicklungsdynamik auch von Gruppen und Gesellschaften ist daher letztlich nur durch eine aktiv wertschöpfende und wandlungsfähige Kultur des Selbst, eine Werte-Kultur der transpersonalen Individualität zu gewährleisten.


  

FREIHEIT  |  DEMOKRATIE


Im und durch das einzelne Selbst werden Menschenwürde und Wahrheit, ebenso auch die Freiheit, die “wahre, absolute Freiheit” aus dem “Forum Internum”, also von innen nach außen bestimmt. So verstanden, gründet Freiheit aus dem Selbst in transpersonaler Individualität, die daraus abgeleitete (äußere) Freiheit des Ich beschreibt die personale Autonomie. Das Selbst bestimmt die Willensfreiheit, das Ich bedingt die damit verbundene Handlungsfreiheit.

Die Freiheit als äußere - analog zur äußeren Menschenwürde - ist begrenzt gemäß ihrer immanenten Logik dinglich-physischer Materialisierung: Die Nutzung, Gestaltung und Erfüllung meiner Freiheit ist durch die anderen Ichs im adäquaten Maß begrenzt. Rücksicht, Respekt und Toleranz dieses Standards bei der Ausübung meiner Freiheit als Grundbedingung und Grundwert zwischenmenschlicher Interaktion ist dann alltägliches Repertoire zivilisierter/ziviler Individualität. Freiheit ist - “kategorisch imperativisch” - bedingungslos ebenfalls die des anderen, welche Ausformung auch immer sie im einzelnen erfahren kann.

Da es – vergleiche oben – die absolute Wahrheit im Äußeren zwischenmenschlicher, insbesondere gesellschaftlicher Interaktion nicht gibt und geben kann, ist das “Forum Externum” gemäß dem Immanenzgehalt der Freiheit zu organisieren. Die dafür beste Form menschlich-politischer Entwicklung ist die Demokratie. Als beständige Form der Koordinierung und Abstimmung freiheitlicher Prozesse zur Umsetzung geronnener, abgeleiteter transpersonaler Individualität ist sie unverzichtbar. So können die schöpferischen Potentiale des individuellen Selbst in auch streitbarsten (gewaltfreien) Verfahren einmünden in die Inspirierung, Initiierung und Entwicklung des besten Wegs im Sinne des auszubalancierenden Einzel-, Gruppen- und Gemeinwohls.

Die Ergebnisse demokratischer Verfahren als Synthese transpersonaler Individualität spiegeln also immer auch die jeweils vermittelten Anteile des jeweiligen Geist geführten, freien Selbst wieder. Damit erfüllen sich Ursache und Wirkung der Demokratie, Grund und Zweck des daraus abgeleiteten Handelns empfangen ihre ebenso umfassende Legitimation. Und umgekehrt ist daraus zu schließen: Gesellschaftliche, politische Prozesse, die sich ohne Rückanbindung an Selbst und Geist des Menschen vollziehen, gefährden nicht nur den geistigen Rückhalt der Demokratie, sondern bereits die notwendige Legitimation.

Politik ohne Geist verlässt (oft schleichend) die schöpferisch sich entwickelnde, gestaltende Demokratie zugunsten entleerender Verfahrensdemokratie. Damit wird politisches Handeln entpolitisiert, formal administriert und der Komplexität nachhaltiger strategischer Politikentwicklung und verlässlich kalkulierbarer Umsetzung nicht mehr gerecht. Die freiheitliche Demokratie begibt sich dann ihrer Chancen und Potentiale. Für diesen absterbenden Zustand braucht es dann keiner verantwortungsvollen Führungskapazität und substantieller Kompetenz mehr, das bloße Ich des auch rhetorisch begabten “Staatsschauspielers” spielt die Rolle des “als ob”.

Zunehmend verstetigt sich dann das die jeweilige Macht aufteilende Rollenspiel für die Aufrechterhaltung des formalisierten, technokratisch-administrierten Eindrucks eben nur schein-legitimierter Autorität. Die Funktionsträger der “Macht” verkleinern sich zunehmend zu misstrauisch konkurrierenden Ichs und profilieren sich durch egomanische Über-Ich-Projektionen, um mehrheitsbildend und scheinplausibel auf je aktuelle, öffentliche Betroffenheit zu reagieren. Der substantielle Regelungsbedarf wird davon überlagert, keine, zu späte oder zu schnelle (Einzel-) Entscheidungen schaffen immer weitere Ungleichgewichte, Folgeeinschätzungen werden zunehmend unmöglich.

Aufdämmernde Krisen und Konflikte werden zwar noch kompensiert oder in quantitativen Konsensen als gelöst projiziert, dennoch kann sich damit die Tendenz der Aushöhlung demokratischer Substanz zu entsprechender Systemkrise auswachsen und entsprechende Gefahren autokratischer “Lösungsversuche”  verschärfen. Die die Systemimmanenz der Demokratie - eine geistige und eben nicht nur quantitativ-formale Legitimation - nicht internalisierenden, dennoch führend handelnden Ichs blenden unbequeme selbstkritische Reflexion und vor allem die Rückanbindung an das Selbst aus. Schleichend und schließlich stillschweigend geben dann die Regierenden jede Individualität und freie transpersonale Wahrhaftigkeit auf; damit begeben sie sich jeder Wahrnehmungsfähigkeit für zwingend auf Reform und Transformation deutende Krisen und Konflikte.

Die systemische und Substanzkrise der Demokratie hat dann zur Folge, dass sich die Regierten, vor allem die ihrem Selbst verpflichteten, in die Privatsphäre zurückziehen, was in einer reinen Verfahrensdemokratie noch unschädlich sein mag, sofern sich die Regelungs- und Kontrolldichte noch nicht verabsolutiert hat und also endgültig und offensichtlich gegen den Menschen gerichtet ist. Denn eine von Geist und Menschen “entbundene” Demokratie wird rein bürokratisch-autokratisch und überführt sich selbst in eine Art “demokratischen Absolutismus”.

Die ihrem Geist verpflichteten Selbst mögen sich dann rechtzeitig verbinden und auf den “Weg durch die Institutionen” machen, um die Ursachen und Wirkungen eben Geist geführter, gestaltender Demokratie wieder herzustellen, Sinn und Zweck der Demokratie in gesellschaftliche Rückanbindung und Balance zu bringen. Etwa die Gorbatchow'sche Politik der Perestroika und Glasnost zeigt, dass es offenbar immer möglich ist, “gutes Regieren” einzuführen und der jedenfalls äußeren Würde des Menschen entsprechende Freiheitsräume und Dynamiken der Entwicklung zu organisieren und zu legitimieren.




VERFASSUNGS- UND RECHTSSTAAT  |  GERECHTIGKEIT


Das transpersonal interagierende Selbst-Ich setzt sich im jeweils abgestimmten und ausgleichenden Maß in seinem Umfeld um. Das im Selbst inkorporierte Equilibrium gestaltet individuell mit – oder verzichtet. D. h. das gesellschaftlich vermittelte Ich kann sich ins Private zurückziehen oder umgekehrt – auch bei voller Partizipation – seine äußere, personale Individualität aufgeben.

Das Selbst geführte Ich ist also ebenso frei, in einer Art Trans-Individualität “aufzugehen”. Wenn dies dann der Selbst-Bestimmung je der Teilnehmer entspricht und je nach Bedarf erneut bestätigt werden kann, dann hebt sich die Notwendigkeit von Staatlichkeit aus der realen Immanenz des Systems auf. Unter diesen Umständen erfüllt sich der Gesellschaftsvertrag ohne (neutral) ordnende Regulierung und traditionelle staatliche Governance, es sei denn, rein administrative Erwägungen lassen Staatlichkeit als zweckmäßig erscheinen. Das heißt umgekehrt: Ein Gesellschaftsvertrag, der sich nicht hinreichend  transpersonal-individuell oder – gemäß aktueller Lage – lediglich personal-individuell erfüllt, bedarf der Staatlichkeit.

Diese Art der Staatlichkeit braucht eine konsensgetragene Verfassung, also eine normativ gefasste und grundsätzliche Identitätsstiftung zwischen dem Spirit Code, dem Geist der Verfassung, und der dadurch bewirkten Realität. Und diese Realität mit aller Einzelfall- und Änderungsdynamik braucht das Recht, um die individuelle Interaktion zu schützen und durch Interessenausgleich zu sichern und zu befördern.

Da Recht personal-individuelle Handlungs- und Konfliktebenen – auch gegenüber der Staatlichkeit – zum Ausgleich bringt, ist es als zwar bedeutende, zumal neutral angelegte Sachwalterin freiheitlicher Bedingungen unter den Umständen der aktuellen Realität unverzichtbar, dennoch kann es, bezogen auf die Entwicklung von Gerechtigkeit, nur relative Bedingungen erzeugen.

Die Anforderungen an die Entwicklung von Gerechtigkeit sind sehr hoch und hängen von der Entwicklung einer über die bestehende Rechtskultur hinausgehende Kultur etwa auch des präventiven Ausgleichs ab. Ein Gesellschaftsvertrag, eine Verfassung mögen dies festgeschrieben haben, dennoch wird eine Umsetzung auch nur  dann erfolgreich sein können, wenn sich die Beteiligten auf einen Ausgleichsprozess verständigen, der von der Idee, vom Geist der Gerechtigkeit geleitet ist und durchdrungen wird. Dies wiederum – analog zu Menschenwürde, Wahrheit und Freiheit – ist ausschließlich durch die “Internalisierung des Subjekts” (U. K. Preuss) zu leisten. Auch hier wiederum ist also das Subjekt das vom Selbst bestimmte Ich, das, um seine ”höhere” Gerechtigkeit wissend, eben diese des anderen Selbst-Ich frei und offen wahrnimmt, lernt, verinnerlicht und das Gemeinsame zu verbinden sucht. Dies gilt auch für Fragen der Verteilungsgerechtigkeit.

In diesem womöglich auch harten, weil prinzipiell gerichteten Ausgleichsprozess ist sicher auch immer Verzicht des Ich zu leisten, dennoch wird das Ergebnis, der  reale Konsens (ein sogenannter rein pragmatischer Kompromiss ist ohnehin enthalten), den Aufwand rechtfertigen: In der Regel werden zwei- oder mehrseitig transformierende Lösungen auch mit hoher Gewähr für dauerhaften Bestand gefunden.

Der “Gewinn” liegt vor allem im individuellen Bewusstsein der verbundenen Beteiligten, sich wechselseitig erhöhend und vertrauensbildend auch im anderen zu erfahren, geläutert, gestärkt in gereifter Substanz die Realität mit dem anderen aus Geist zu transformieren und zu verlebendigen. Die sich internalisierenden Selbst-Ich stiften friedliche Änderungsdynamiken, damit zugleich höchstmögliche Gerechtigkeit  als ständigen schöpferischen Findungs- und Wachstumsprozess.




DIPLOMATIE  |  FRIEDEN


Diplomatie wird – in Form und Substanz – grundsätzlich als die Vermittlung und Harmonisierung von Zielen, Programmen, Willen und Interessen in Politik, Wirtschaft, Kultur begriffen. Die internationalen Beziehungen werden zwischen Staaten, Staatengruppen und auch – asymmetrisch – zwischen Staaten und im internationalen System relevanten gesellschaftlichen Gruppen oder Einheiten betrieben.

In dieser Weise ist Diplomatie im Wesentlichen eine Verbindung, ein Equilibrium zwischen innen und außen. Auswärtige oder Außenpolitik repräsentieren nach außen den intern erzeugten gesellschaftlichen Willen und die jeweilige regierungspolitische Entscheidungslage. Gleiches gilt für die transnationale Zusammenarbeit, in der Staaten, zwischengesellschaftliche Akteure und Gesellschaftswelten (E.-O. Czempiel) ihre jeweiligen Politiken und Handlungen koordinieren.

In der geschichtlichen Entwicklung der Diplomatie als Friedenspolitik gab es jedenfalls wegweisende historische Ansätze: Westfälischer Frieden, Völkerbund und UN, Etablierung der EU, Entspannungspolitik, Perestroika und “Neues Denken”. Dennoch war es bis heute nicht möglich, Rückfälle und Störungen des internationalen Systems rechtzeitig aufzulösen und den “ewigen Frieden” (Kant) zu erzeugen. Insbesondere diktatorische und autoritäre Regimes provozieren fortgesetzt ihr “Waterloo”, um eben erst danach und meist zu spät wie Napoleon (Zitat siehe oben) zu erkennen, dass “am Ende immer der Geist gewinnt”.

Diplomatie, als Instrument internationaler Rechtsstaatlichkeit betrieben, bietet als solche das geeignetste und zentrale zivilgesellschaftliche Equilibrium hin zu transnationaler Freiheitlichkeit, Friedlichkeit und Gerechtigkeitsstiftung. Dennoch paralysiert die gegenwärtige internationale Diplomatie diese oberste Leitfunktion durch Überdehnung formaler Souveränität und letztlich destruktiver Fixierung auf zumeist reines Formniveau. Die Folge ist eine “konsequente Tolerierung” von ethischen Doppelstandards und (nationalen) egomanischen Projektionen sogenannter Interessenpolitiken, von kurzfristigen und destabilisierenden Interventionen sowie zu späten und nachlaufenden “Konfliktlösungen” - zumeist dann durch Gewaltanwendung etwa im Sinne von “preemptive action”. Eine “Good Governance” der Diplomatie als klassisches Instrumentarium für Friedenssicherung und -gestaltung ist nicht erreicht.

Auch und vor allem im internationalen System erscheint eine Prozessumkehr unausweichlich: Die konsequente Rückanbindung an den Menschen durch Geist basierte Kapazität und Geist geführte Akteure gemäß emanzipiertem Selbst. Der Endpunkt, an dem “immer der Geist gewinnt”, ist endlich als Anfangs- und Ausgangspunkt für die Initiationskraft und Wirkmacht des Geistes zu realisieren. Insbesondere für das internationale System als ordnungs- und einheitsstiftender (globaler) Sphäre der schöpfungsgemäßen Interdependenz des Menschen gilt (vgl. oben): Am Anfang ist Geist, Geist als universelles Kontinuum. Und Gleiches gilt für die Verbundenheit des Menschen, wie sie das Bild, die Systemlogik des Baumes beschreibt; allerdings ist dabei das Geistige nicht Krone, sondern Wurzelwerk.

Ein realer Frieden - zwischen den einzelnen Akteuren wie auch multilateral - ist nur dann mehr als Gewaltverzicht, eben die Grundlage für schöpferische Wandlungs- und Transformationsprozesse, wenn menschengerecht identifizierende Geist-Stiftung wahrhaftig und universell verstanden und betrieben wird. Der so zu erzeugende “common mind” als “meta common ground” des Menschheitlichen gefährdet dabei nicht die multidimensionale Unterschiedlichkeit kulturell differenzierter Lebensformen, im Gegenteil, er schafft friedliche Koexistenz. Denn nicht gleichschaltende “Vereinheitlichung” durch transnationale Machtgenerierung etwa im Sinne einer sogenannten “Neuen Weltordnung”, sondern die dynamische Koordinierung und transformierende Fusion der Fülle menschlichen Reichtums an geistiger Substanz ist für die lebendige Ausgestaltung innerer Verbundenheit des Gesellschaftswesens Mensch und seiner Welten zu leisten. Frieden ist dann ein der Einheit des Menschen wesensgemäßer Prozess ständiger Vertiefung und Verdichtung aus transpersonaler Individualität.

Analog zur Funktionalität von Menschenwürde, Wahrheit, Freiheit, Rechts- und Verfassungsstaatlichkeit ist auch Diplomatie folglich auf besagte “Internalisierung des Subjekts”, also auf hinreichende Transpersonalisierung und (hier:) Transnationalisierung individuellen Denkens und Handelns angewiesen und auszurichten. Dann erst ist Diplomatie als in ihrer Substanz sinn- und ordnungsstiftendes Equilibrium zu identifizieren. Vor allem hier “versorgt” das Geist geführte Selbst das jeweilige Akteurs-Ich mit der erforderlichen kreativen Kraft, Klarheit und transpersonalen Größe wie Souveränität für ausgleichende innovative, transformative Handlungsformen und -strategien: zur Entfaltung und nachhaltigen Gewährleistung menschengerechter Partizipation und überzeugender Legitimation.

Das Selbst bietet und leistet schließlich die bedeutendste Voraussetzung friedlicher Interaktion: den inneren Frieden. Erst die harmonisierende und transpersonalisierende Funktion und Wirkung des emanzipierten Selbst erzeugt die wahre Kapazität des individuellen wie gesellschaftlichen Menschen, “ewigen Frieden” zu schaffen und aus den frei werdenden Potentialen kongenial zu schöpfen. Der Anfang liegt auch hier im Selbst.




SPIRITUALITÄT  |  RELIGIÖSITÄT  |   SÄKULARITÄT


Die insbesondere geistige Beschaffenheit der Welt wäre heute höchst wahrscheinlich eine andere, gäbe es nicht diese reichhaltigen und multidimensionalen Angebote an philosophischem, spirituellem und religiösem Wissen. Dieses auch alte Wissen ist unverzichtbar, die Entwicklung des Bewusstseins des Menschen, seiner Gesellschaften und Kulturen zu verstehen und nachzuvollziehen.
Sämtlichen spirituellen Lehren und Religionsstiftungen eignet ein ähnliches, wenn nicht gleiches Fundament: die frühe Entwicklung von Kosmologien, bezogen auf die Ordnung und Ausrichtung menschlicher Transzendenz, die Selbstwahrnehmung und Positionierung des Menschen im Universum.

Der zunächst abergläubische, dann in bis heute anhaltenden unterschiedlichen Glaubenssystemen gefasste natürliche Transzendierungsdrang des Menschen Ich gab sich hoch-konzentriert und oft auch auf existentielle Weise den Offenbarungen einzelner hin. Die Glaubensstiftungen der sogenannten spirituellen Meister und Auserwählten wurden dann normativ verfasst, und das sich herausformende jeweilige Über-Ich schuf die erforderliche Konformität und oft auch politisierte Machtverfügung.

Ausschließlichkeit und Unfehlbarkeit religiöser, spiritueller Autorität übernahmen und absorbierten damit die Entwicklung individueller Transzendenz und nutzte ihr Lehrangebot zur Steuerung ebenso menschlich-natürlicher egomanischer Projektion. Denn der eben nicht nur für die Freuden offene, sondern auch den Leiden dieser Welt ausgesetzte Mensch greift in Glaube und Hoffnung auf die Änderung seines Schicksals nach jeweiliger Prophetie wie der Ertrinkende nach einem Strohhalm. Und gleiches gilt für materialistische Ideologien, die jede Art Transzendenz und Göttlichkeit negieren.

Die Leiden wurden und werden zwar nicht gelöst noch zu lösen gelehrt, dennoch wurde mit schwerwiegender Konsequenz erreicht, das Selbst-vergessene Ich fortgesetzt zu externalisieren, d. h. in seiner rein außengerichteten wie außengeleiteten Seins-Begründung von allen inneren Prozessen zu entbinden und in äußerer Projektion aufgehen zu lassen. Selbst um Gott wird als “gerecht” und “strafend” paternalisierend gewusst; das “Wissen” über Gott wurde und wird zur Zentralperspektive der Indoktrination und sogar zur Begründung von Kriegen usw.

Genau dies ist der Punkt, an dem Geist und Spiritualität projektiv zum Mysterium verklärt, an vermeintliche Autorität gebunden wird, besagte Transzendenz des Individuums aber durch vorgefasste vergesellschaftlichte, also Über-Ich-Glaubensprojektionen absorbiert wird und somit nicht in eine unabhängige eigenständige Entwicklung vordringt. Diskonnektierung und Wesensentfremdung des Menschen wird gezielt in Kauf genommen, um Geistiges im Äußeren als erst künftig potentiell Erfahrbares zu behaupten und damit zu “beruhigen”.

Diese Vergewaltigung und letztlich Verödung menschlicher Transzendenz wird zunehmend vom reifenden menschlichen Bewusstsein abgelehnt, sobald ein Selbst sich auch nur ahnt und um sich zu wissen beginnt. - Selbstverständlich kann und sollte Geistiges auch im Sinne sich von außen anbietender Wissensvermittlung aufgenommen werden, dennoch kann über den Wertgehalt dessen ausschließlich das sich entwickelnde Selbst als innerer Meister individueller Kapazität  und Weisheitlichkeit entscheiden. Nur diese innere Meisterschaft des Selbst verfügt über die Mitte des geistigen Kompasses und die bestimmende Fähigkeit zur Transzendenz, das äußere Angebot mit dem inneren Wissen zu korrelieren, auszugleichen und individuell sinnstiftend zu verarbeiten. Andernfalls wird der dem Äußeren verpflichtete Glaube zum “blinden Glauben” und zur Basis “blinder Gefolgschaft”; damit wird jeder Ansatz zur Entwicklung des Selbst, ja sogar die auch äußere Freiheit des Ich aufgegeben und geopfert, bestenfalls noch reines Ritual.

Für das Ich ist, wie behauptet, Religion eine Droge. Für das um sich wissende, freie und transzendierende Selbst ist Religion und spirituelles Wissen Anstiftung und Anreiz zur ureigenen Reflexion und Entscheidung. Das Selbst braucht dabei “das Rad nicht neu zu erfinden”, dennoch die Richtung eigener Positionierung dazu und den Umgang damit aus sich, aus dem Absoluten des Selbst heraus jeweils für sich zu entscheiden und zu justieren.

Die “äußere Wahrheit” auch als spirituelles Wissen kann dem Selbst nur dann als erfüllt gelten, wenn es seiner inneren Erkenntnis jedenfalls dem Wesen nach entspricht. Denn nur von innen nach außen läuft die Selbst–Bestimmung des Ich. Spirituelles und religiöses Wissen können eben nur aus der Urteilskraft des individuellen Selbst ihre eigentliche Umsetzung entfalten, soweit das Selbst es für geboten hält, dies zu internalisieren und seine erkenntnisleitende Sinnstiftung zur Selbst gebundenen Führung des Ich weiter zu entwickeln.
Ist doch das Selbst der eigentliche, eben der “innere Tempel” (Marc Jongen), dessen Erbauen die Geiststiftung dient! - Jeder äußere Tempel, jede Synagoge, Kirche oder Moschee sind Orte der Versenkung, zugleich bewirken sie auch als wunderschönste Architektur wenig bis nichts, wenn das Ich, das Individuum nicht zu seinem Selbst findet und nicht hier zuerst “nach Hause” zurückkehrt. Denn das Selbst braucht weder Beweise Gottes noch projizierenden Glauben, während das Ich glaubt, glauben muss, da es freilich keine Beweise gibt, geben kann. Das Geist geführte Selbst jedenfalls schaut, begreift, erkennt und weiß um das Göttliche.

Die Spirit Codes bieten die Unterstützung, das Selbst gewissermaßen im Universum zu verorten, sich zugleich zu vertiefen und zu vergewissern, sich eben transpersonal zu verbinden mit dem äußeren Wissen und den äußeren Erscheinungen der Welt. Das auch großartigste spirituelle Wissen aus dem / im Äußeren kann sich nur dann als real erfüllen, wenn es im transzendierenden Selbst die dafür geeignete Entsprechung findet. Alles andere ist Selbst–Aufgabe und in der Folge auch – bewusst oder unbewusst – die Auflösung auch bereits personaler Individualität und Ich-Identität.

Oft wird der sogenannte “Paradies–Verlust” begründet mit der differenzierenden Bewusstseinsentwicklung des Menschen. Daran werden Gegensätze gekoppelt, konstruiert – gut/böse, Gott/Teufel, Himmel/Hölle etc. - und je nach gesellschaftlichem Bedarf als “plausibler Schuldbeweis” aktiviert. Glaubenskriege, Pogrome sowie Okkupation und Absorption und negierende Programmierung des individuell-transzendenten Bewusstseins verstetigen die Selbstgewissheit “wahren, richtigen” Über-Ichs und damit folglich den behaupteten “Paradiesverlust”.

Nur die Rückanbindung des Ich, die Rückkehr zum Selbst–Bewusstsein ebnet und offenbart den Weg zu dem, was der individuelle Mensch als Paradies in sich trägt. Das Paradiesische beginnt eben innen und kann sich nur daraus auch im Äußeren entfalten. Die moderne Gesellschaft bietet dem Selbst geführten Ich beste Voraussetzungen dafür: die konsequente Säkularität und also die Absenz egomanisch projizierender, politisierender Heilsversprechen. Nicht Prophetie und Erlösungsversprechen, sondern geistige Präsenz und lebendige transpersonale Individualität sichert und ermutigt die wahrlich paradiesischen Potentiale des sich seiner selbst und seines Selbst gewahr-seienden Menschen.




MACHT  |  FÜHRUNG  |  LEGITIMATION


Mit der Macht in ihrer substantiellen Ausprägung ist es wie mit dem Geist oder Geistigen: Erst im Bewirken, durch ihre Wirksamkeit im Äußeren wird sie erkennbar und wahrnehmbar. Formale Macht ist sichtbar durch die Symbole und Symbolik ihres Verhaltens wie Handelns; als solche bleibt letztere für das weitere unbeachtlich.

Substanz-Mächtigkeit setzt geistig an und strebt zur materiellen Umsetzung, damit vor allem von innen nach außen. Diese Art der Macht ist nicht nur logisch, sondern auch in Entstehung und Funktion verwandt mit dem Selbst. Aus dem Ich entwickelte Macht spielt dagegen lediglich die vergleichende Unterschiedlichkeit anderer Ichs gegeneinander aus und gewinnt im Sinne kurzfristiger Plausibilität oder unterliegt, erliegt letztlich der eigenen Begrenzung und dem Verlust ihrer minimalen Ausgangssubstanz; rein Ich basierte Macht ist daher eher der formalen Macht verwandt und bedient sich folglich hoher Aufwendungen für die Vermittlung symbolischer, am gesellschaftlichen Über-Ich ausgerichteter Formsprache.

Natürlich bedient sich substantielle, Selbst basierte Macht der Form, um sich angemessen zu vermitteln. Denn auch hier wirkt das Selbst als Equilibrium zwischen innen und außen; die Form spiegelt authentisch den Inhalt wider, woraus sich auch die Qualität der Mittel (Verhältnismäßigkeit usw.) definiert und ableitet. Die geistige Autorität aus Selbst bestimmter Macht generiert die erforderliche Legitimation sowie angemessene Souveränität nach außen, im Äußeren.

Verfügt der jeweilige Inhaber und Träger substantieller Macht über einen adäquaten Spirit Code, qualifiziert sich die Ausübung seiner Macht, seine Führung bis ins Prinzipalische: Selbstkritisch, gelassen, wahrnehmungsoffen, transparent, legitim, überzeugend klar werden Interdependenzen einheitsstiftend internalisiert und synergetisch integriert. Die unterschiedlichen Sachkompetenzen der an der Erarbeitung von Entscheidungen Beteiligten werden syndiziert und aus/in der Transpersonalität des/r führenden Selbst-Ich vorgeformt und schließlich nach außen koordiniert und organisiert.

Aus all dem folgt: Kompetenz, Substanz, Funktion und Mittel des Selbst–Ich begründen die entscheidende Kultur der Macht, die jeweils erforderliche Governance, Beherrschung der Realität aus geistiger Führung kontinuierlich und nachvollziehbar zu gewährleisten. Dabei geht es nicht nur um kreativ gestaltende und konfliktlösende Kapazität, sondern um die innere und äußere Legitimation der Führung, die berechtigten und überzeugenden Gründe für die Ausübung der Macht. Die Machtfunktion der „Leadership“ wird deckungsgleich mit der Equilibriumsfunktion des Selbst. Führung aus dem Selbst macht den Akteur zum Prinzipal.

Nicht allein die formal-quantitative, sondern die vor allem inhaltlich-qualitative Legitimation schafft die Bestandskraft wirkungsvoller Ursachen für die Machtfunktionalität. Diesbezügliche Systemfunktionen in heutigen Gesellschaften und auch in den internationalen Beziehungen bieten umgekehrt einen signifikanten Beleg dafür: Je mehr sich die Machtgenerierung oder die Begründung bestehender Macht von den geistigen Ursachen entfernt, umso weniger realen Rückhalt, angemessene Wirkung wie Durchsetzung, aber insbesondere auch die Lösungsfähigkeit gemessen an menschlichen Bedürfnissen kann die jeweilige Führung behaupten. Sie gleitet dann zunehmend in eine personalisierte, Ich-dominierte, symbolische Autorität, in die autoritative Kontrolle und Begrenzung von individuellen Freiheiten ab. Der anvertraute Mensch wird im schlechtesten aller Sinne zum Systemagenten „degradiert“, der alternativlos einem auch sich selbst vollkommen entfremdeten System zu dienen hat. Damit setzt die schleichende Paralyse zivilgesellschaftlicher Systemfunktionen ein, lediglich nachlaufende Dynamiken verzögern die Auflösung.

Der Substanzverlust von Macht geht oft einher mit geistig-konzeptioneller Verödung und Entleerung, mit sporadisch interventionistischem und bloß reaktivem Management, zunehmend fehlender Wahrhaftigkeit und Verstecken hinter den Fassaden symbolischer Machtgestik sowie sogenannten „Systemzwängen“. Schließlich führen der bloße Machterhalt und der Totalverlust geistiger Führung zu Maßnahmen des rein formellen, materiellen gesellschaftlichen Zusammenhalts oder etwa dann auch zum Einsatz von tatsächlicher wie psychisch vermittelter Gewalt.

Gute Führung und “gutes Regieren” bedeuten daher immer, die Ursachen und Wirkungen, den Gebrauch von Macht an Geist zu binden. Allein auch schon der Respekt vor den Bedürfnissen und dem Vertrauen der Regierten gebietet dabei ein wahrnehmbares, Geist geführtes Selbst–Ich. Dies ermutigt und motiviert zudem das Selbst–Ich der  Regierten, sich von egozentrierter Meinungsbildung hin zu Selbst gebundener Willensbildung, Entscheidungsfindung und Begründung zu entwickeln.

Macht schafft privilegierte Freiheit der Umsetzung eines Selbst; und diese Freiheit korreliert mit herausragender Verantwortung und Vorbildfunktion. Die hierfür erforderliche Kapazität stiftet daher nur das Selbst als Equilibrium im Sinne innerer Referenz für die umfassende und nachhaltige Legitimation von Macht, dann vor allem für die lebendige Wahrnehmung, Führung und Umsetzung aus transpersonaler Individualität.




VISION | PLANUNG | STRATEGIE


Dieser Dreischritt hin zur Umsetzung in die äußere Realität hat seinen hauptsächlichen Schwerpunkt in der Sphäre des Geistes. Ähnlich wie über das individuelle und/oder Gruppen-Selbst entsprechende Spirit Codes entwickelt werden können, können für die Visionsbildung gesellschaftlicher, politischer, wirtschaftlicher, kultureller Ideen und Planungen ebenso Spirit Codes entworfen werden.

Der Spirit Code über eine Vision ist das sprachlich gefasste, determinierende Konzentrat als Teil und Ergebnis des Evaluierungs- und Definitionsprozesses. Damit werden für Planung und Strategie die qualitativen Prioritäten und Zielparameter gesetzt.

Träger der Vision ist das Selbst. Und die Vision ist ein Geist fundiertes Vehikel des Selbst, sich zu verlebendigen. Die Idee des Selbst und die der Vision sind nicht identisch, zugleich nah verwandt. Das Selbst determiniert die Vision und verleiht die notwendige (innere) Legitimation. Die Vision als Ergebnis von Geist und transpersonaler Individualität ist - stets prozesshaft – zuerst im Innern, dann als solche auch ein bedeutendes Mittel der Fazilitation, äußere Prozesse in oder zwischen Gruppen und Gesellschaften zu entwickeln und koordinativ zu steuern.

Sinn und Funktion einer Vision erfüllen sich in der Intensität und Tiefe ihrer Durchdringung (in) der Realität. Selbst–Begründetheit und Klarheit der Vision garantieren ihre Bestandskraft und Wirkmacht. Als normative Meta-Maxime des Gesollten, Gewollten ist die Vision Ausdruck geistig-schöpferischer Kapazität und Energie und damit unabdingbare Voraussetzung co-kreativer Änderungs-, Innovationsprozesse in der äußeren Realität.

Die Visionskraft resultiert insbesondere aus Fühlen und Denken, das sich offen, leicht und geradezu kindlich unvoreingenommen der Wahrnehmung innen sich offenbarender Eingebung hingibt. Phantasien, Imaginationen, ungeahnte Konstellationen und Assoziationen sind die Elemente, die sich wie ein Mosaik zum Gesamtbild fügen. Das Kontemplierte wird im Kognitiven verdichtet und vom/im Bewusstsein weiter verarbeitet. Wiederum analog zur Entwicklung des Selbst beginnt also der Prozess der Visionsbildung im Transzendenten oder Transzendierenden, um sich schließlich, die Höhe der freien Bewegung von Gefühlen und Gedanken verlassend, über Planung und Strategiebildung mit der äußeren Realität zu korrelieren, zu verständigen und zu verbinden.




INTERDEPENDENZ | KOMMUNIKATION | ÖFFENTLICHKEIT


Jede geistige oder/und physische Essenz, jede ihrer inneren und äußeren Bewegungen und Entwicklungsprozesse sind Teil der universell ausgleichenden und harmonisierenden Funktion und Wirkung der kosmischen Gesetze. Die – angelehnt an die Physik – alles durchdringende Gravitationsenergie (oder: Null-Punkt-Energie) verbindet alle Elemente und bewirkt die Grundgesetzlichkeit ihrer Interdependenz. Ähnlich einer Wellenbewegung werden dabei Dominanzen, Einseitigkeiten und Interventionen usw. aufgelöst und wieder in einen harmonischen Zustand überführt, bis sich dieser auflöst, um schließlich wieder zur Harmonie zurückzukehren usf.

Die oben beschriebene Funktion des Selbst, das Equilibrium zwischen innen und außen, verläuft prinzipiell analog. Die innere vertikale Verbindung von Selbst und Ich, die äußere horizontale Verbundenheit zwischen Ich und Ich bzw. Du und Ich “schwingen” in komplementärer, potentiell übereinstimmender Bewegung gemäß der kosmischen Gesetzmäßigkeit und ihrer “Systemlogik”, sobald sie ihre innere und äußere Verwobenheit erkennen und zum Ausgleich führen. Dafür ist das Selbst also wesentlichste Voraussetzung, Determinante sowie Konstante, um vor allem zwischen-menschliche Kommunikation in besagter Übereinstimmung zu dynamisieren und auch transformativ zu nutzen. Denn Kommunikation ist das zentrale und existentiell wesentlichste Instrument zur Verlebendigung metaphysischer und physischer Interdependenzen, das Interface zwischen den je individuellen Selbst–Ichs und ihrer schöpfungsgemäßen Unterschiedlichkeit.

Als solches ist Kommunikation Sprachrohr des Geistes, Prozessor seiner Umsetzung. Was der Geist aus der Tiefe von Raum- und Zeitlosigkeit an bestimmender Substanz und Kraft erzeugt, formt die Kommunikation als Angebot hin zur verbindender Sichtbarkeit, Wahrnehmbarkeit und Nutzbarkeit. Je authentischer diese Form gelingt, umso direkter kann sich das jeweils geistige Konzentrat erden, verständigen und abgleichen. Je klarer verbunden dabei Selbst und Ich sind, umso legitimer und überzeugender gelingt auch die äußere Kommunikation im Sinne des Equilibriums als Voraussetzung realer Harmonisierung, äquivalenter Fusion, potentieller Transfusion und Transformation. Die transpersonale Qualität je individueller Kommunikation entscheidet über die Wirksamkeit tatsächlicher Interdependenz als universellem Mechanismus kosmischer Gesetzlichkeit.

Gleiches gilt für die oft multidimensionale Kommunikation zur Schaffung und Nutzung sogenannter Öffentlichkeit. Hier treffen sich Sender und Empfänger auf einer Art Bühne, Plattform, Markt zum Austausch, Abgleich und Ausgleich von Informationen und Hintergründen. Je mehr dabei insbesondere entsprechende Hintergründe der Realität sichtbar, damit vor allem die geistige Bewegung des jeweiligen Selbst–Ich eines Individuums oder einer Gruppe wahrnehmbar kommuniziert werden, umso mehr wird eine substantielle Öffentlichkeit erzeugt. Je weniger sich öffentliche Kommunikation von der Selbst–Bestimmung entfremdet und sich nicht auf die Gegensätzlichkeit dann nur noch konkurrierender Ichs beschränkt, umso mehr  und konstruktiv mitgestaltender wirkt sie auf die (auch zwischen-) gesellschaftlichen Internalisierungs- und möglichen Fusionsprozesse ein.

Wenn sich Öffentlichkeit also als kommunikativer “Schlussstein” gesellschaftsrelevanter Selbst–Ichs und ihrer fazilitierenden Prozesse begreift, gewährleistet und ermutigt sie die transpersonale Individualität als nicht hinweg zu denkendes Equilibrium und Kontinuum gesellschaftlicher Interdependenz; das gilt auch international, interkulturell und multilateral wie global. Denn diese zentrale Bedeutung - Wahrnehmung und Internalisierung des Subjekts kommunikativ zu gewährleisten und zu fazilitieren - hat öffentliche Kommunikation vor allem in einer globalisierenden Welt, in der sich die tatsächliche vor allem als zuerst geistig erzeugte Interdependenz dann real erfüllen kann.




KRISE  |  KONFLIKT  |  PRÄVENTION


Krisen und Konflikte werden sichtbar und wahrnehmbar mit dem Erkennen durch die Betroffenen. Mit der Funktionsgesetzlichkeit des Geistes verwandt, sind sie also erst in der Phase ihrer Materialisierung erkennbar und wirksam. Hintergründe, Ursachen, Motive lassen sich somit ab dem Moment ihres tatsächlichen Ausbruchs erkennen und zunehmend identifizieren. Dieser Augenblick beschreibt den Punkt oder die Eskalationsstufe als Konsequenz daraus, die wahrhaftig konfligierenden Gegensätze nicht frühzeitig oder rechtzeitig wahrgenommen und deeskalierend wie auch transformierend gelöst zu haben.

Die jeweiligen Gegensätze stehen dann in einem extremen Spannungsverhältnis zueinander und “entspannen” die zugespitzte Polarität durch “Entladung”. (Dass dies oft mit Gewalteskalation einhergeht, kann hier nicht weiter reflektiert werden, da auch im übrigen Gewalteinsatz nie zur Bewältigung der realen Konfliktursachen führte, führen kann und ansonsten fortschreitender Entwicklung der menschlichen Zivilisation ohnehin unwürdig ist.)

So stellen sich folgende zentrale Fragen – im Folgenden auf Konflikte konzentriert: 1. Sind Konflikte zu vermeiden?  2. Können selbst historisch bedingte, damit oft als unlösbar geltende und mehrdimensional verwobene Konflikte (-muster) befriedet werden?  3. Kann sogenannte Konfliktprävention tatsächlich funktionieren?

Zur ersten Frage als klare Antwort: Nein! Die äußere, materielle Realität besteht auch und zumeist natürlich aus Unterschieden oder Gegensätzen. Wo Gegensätze wirken, entstehen oder bestehen bereits Konfliktpotentiale immanent. Diese normale Formation – und nicht als künstliche Deformation – der Realität braucht die Auseinandersetzung, die gewissermaßen energiespendende Reibung, um sich ganz im Sinne kosmischer Funktionsgesetzlichkeit auf die konstruktive Entschärfung, die Entspannung der Gegensätze, die Bewältigung von Konflikten hin zur Harmonisierung zu bewegen. Der oft gebrauchte Begriff der sogenannten Konfliktvermeidung, oft als Konfliktprävention missverstanden, ist jedenfalls also irreführend und zumeist destruktiv, denn Konflikte bergen Ursachen und zeigen damit insbesondere auch transformative Potentiale auf, die zur schöpferischen Klärung herausfordern. Konfliktvermeidung im wörtlichen Sinne beschreibt somit zumeist den unausweichlichen Weg in die Eskalation.

Damit ist die Antwort auf die 2. Frage bereits eingeführt: Ja, auch unlösbar scheinende Konflikte können gehegt, fazilitiert und schließlich bewältigt werden. Eine Konfliktfigur, die zumeist auf zwischenmenschlicher Interaktion beruht, kann genau in gleicher Weise wie oben abgeleitet vollständig und gewaltfrei wie nachhaltig gelöst werden. Good-will, Klarheit, Transparenz, Kreativität, der wache Umgang mit potentiell missverständlicher Kommunikation sowie gegenseitig offener Umgang mit Hintergründen und Absichten schafft das ebenfalls gegenseitige Vertrauen zur gemeinsamen und miteinander verschränkten, meist dann auch transformativen, schöpferischen Konfliktregelung.

Diese Elemente der Bewältigung sind – zur Antwort auf Frage 3 – grundsätzlich auch zur sogenannten Prävention von Konflikten anzuwenden. Klugheit, Offenheit, Klarheit, Präzision und insbesondere der angemessene gute Wille zur Lösung und Nutzung konfligierender Potentiale sind unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Konflikthegung und kreative Transformation. Erfolg heißt hier insbesondere, die jeweilige Konfliktursache so zu identifizieren und zu profilieren, dass regelmäßig wiederkehrende Fazilitationsverfahren Gefahren der harmonisierenden Konfliktbeherrschung frühzeitig aufgreifen und in gemeinsame, transformative Entwicklungsstrategien zur weiter vertrauensvollen interdependenten Umsetzung hinführen.

Der Leser mag spätestens an diesem Punkt meine Darlegungen für zu idealistisch halten oder sich fragen: Woher kommt diese Sicherheit “optimistischer” Einschätzung, denn ein beliebiger Blick in die Weltnachrichten scheint zumeist das Gegenteil zu belegen.

Dennoch sehe ich für die Entwicklung des Menschen keine anderen bzw. hinreichend erfolgversprechende Chancen als eben genau darin, zur aktiven Freilegung und Nutzung seiner Potentiale zurückzukehren, um das zu lösen, was er verursacht bzw. selbst zu verantworten hat. Dies gilt jedenfalls für die zwischenmenschliche Interaktion, wenn und soweit ein geistig geführtes Bewusstsein, also ein Selbst bestimmtes Ich die Bewältigung und Lösung von Konflikten wahrhaftig will und gemäß transpersonaler Individualität steuert. Dann sind gegenseitig internalisierende Kommunikation zur konstruktiven Hegung und die transformative Nutzung von Konfliktpotentialen ein Normal- bzw. Regelfall des menschlichen Zusammenlebens und seiner Weiterentwicklung.

Die Lehre von dem “Zusammenfallen der Gegensätze” (Coincidentia Oppositorum, Nikolaus von Kues) belegt diese menschliche Kapazität: Je mehr sich Gegensätze aus ihrer materiellen Verstrickung, äußeren Abhängigkeit des projizierenden Ichs lösen, je mehr sich eine Auseinandersetzung, ein Ringen um die beste Lösung daraus weg und eben transpersonal im Geistigen verbindet, umso mehr fallen Gegensätze gewissermaßen in sich zusammen und lösen sich auf. Genau auch hier wieder ist dann die Leistung des Selbst vor allem in seiner Funktion als bestimmendes Equilibrium gefordert, zugunsten einer tragfähigen, also vor allem gemeinsamen Lösung auch Verzicht im Sinne traditioneller Ego-Muster zu leisten. Das entwickelte Selbst gewährleistet die dafür erforderliche kluge Machtführung und transpersonale Größe prinzipalischer Akteure.

Zusätzlich dazu – ob Krisenbewältigung oder Konfliktlösung – verleiht das durch das Selbst geformte Bewusstsein die Wahrnehmungssensibilisierung, vorausschauende Wachheit und schöpferische Kapazität, also a-priori Entwicklungen zu erkennen und rechtzeitig im Guten zum Guten zu wandeln. Dann sind Konfliktpotentiale nicht Bedrohung, sondern inspirierende, immanente Potentiale – dem Prinzip und Prozess der Schöpfung gleich.




NATUR


Natur ist der Ursprung, die Basis menschlichen Lebens. Zugleich wird Natur oft als Gegenstück zur Kultur, Zivilisation usw. begriffen, um je nach Lage den daraus vermuteten oder tatsächlich drohenden Gefahren zu begegnen. Als “höherem Wesen” kam es dem Menschen darauf an, die Natur zu beherrschen, sie verfügbar zu machen. Dies entspricht einerseits dem “Naturrecht” des Menschen als Teil der Schöpfung und kann als legitim gelten. Dennoch galt und gilt es, die gewissermaßen natürlichen Grenzen, die Immanenz der Natur zu begreifen. Auch scheinbar grenzenlose Nutzung und Ausbeutung als Bewegung gegen statt mit der Natur wird je aktuelle oder künftige Konsequenzen zeitigen, die nichts anderem als der kosmischen Gesetzmäßigkeit des Ausgleichs, der Wiederherstellung des Gleichgewichts entsprechen.

Handeln mit der Natur und im Rahmen ihrer notwendigen, schöpfungsgemäßen Gesetzlichkeit heißt, dies in die Kultur des Menschen zu integrieren statt sich im Gegensatz dazu zu begreifen. Denn Natur ist – eben als  direkter und unverfälschter Ausdruck und Wirkungsgrad des kosmischen Gesetzes – nicht nur lebensspendend, sondern Quelle der Erkenntnis. Daher ist es nicht nur eine auch existentielle Frage des Maßes, Kultur und Natur aufeinander abzustimmen, zu harmonisieren, ihre gegenseitige Komplementarität zu gewährleisten, sondern eine solche der grundsätzlichen Qualität des Seins.

Erst wenn es gelingt, nicht im Gegensatz, sondern im Einklang mit der Natur das Leben zu gestalten, kann sich Natur nicht nur als natürlicher Partner erweisen, sondern den Raum, die Ebenen einer Art ganz eigener Weisheitlichkeit öffnen. Es ist weit jenseits eines romantisierenden Naturalismus zu begreifen, die Fähigkeit zu entwickeln, der Natur zuzuhören, zuzuschauen, um nicht nur ihre physikalischen Funktionsgesetze, ihre Logik, Systematik, Kybernetik usw. zu beobachten, sondern vor allem ihre Ausdrucksformen als ästhetische zu internalisieren. Dann erweist sich der Kulturmensch wirklich als “höheres Wesen”, wenn er nicht aus Überlegenheit des sich nur zu leicht überschätzenden Ichs oder Über-Ichs, sondern – wiederum von so zentraler Bedeutung – aus dem Geist gezeugten Selbst sich auf die Natur einlässt, in ihr einfindet.

Denn: Natur hilft, ermutigt, vertieft das Bewusstsein, sich Selbst zu sein, im Selbst zu ruhen. Was der Spirit Code an Hilfestellung zur bewussten Entwicklung des Selbst anbietet, bietet die Natur an vertiefender Erinnerung, Entfaltung, substantieller Rückverbindung mit dem Selbst. Schließlich ist die Natur wesentlich geeignet, die zutiefst menschlichen Fähigkeiten der Imagination, Phantasie, Kontemplation auf zentralen Ebenen zu inspirieren, zu spiegeln, zu ergänzen, zu erhöhen. Das, was das Selbst in sich trägt, kann sich im Äußeren direkt als solches erfahren und wird eigentlich und wahrhaftig bewusst.

Die schöne Form eines Körpers, eines Steins, die haptische Qualität eines Blattes, die Zeichnung eines winterlichen Baumes, die Tonqualität einer Vogelstimme, die Wucht einer Wolke, die Energie des Windes, das Ebenmaß einer Welle, die Weite des Meeres, der Himmel und Erde verbindende Sonnenaufgang oder Untergang usw. - dies tragen wir in uns, das äußere Wiedererkennen erinnert, ruft zurück, verbindet und gleicht aus, indem jeder Gegensatz verfällt, zugleich das Bewusstsein im Sein erhöht.

Dann geschieht etwas wohl recht Seltenes und Wunderbares: Unsere wachen Sinne übermitteln das Geschaute und Erfahrene direkt in das offene, erkennende Selbst. Physik und Metaphysik finden harmonisch (nur) im Selbst zusammen; dieses Equilibrium des Äußeren und Inneren erzeugt das für unmöglich Gedachte: die Fusion von Geist und Materie als eine Art “Metaphysik der Sinne”.




KULTUR  |  ÄSTHETIK


Alles menschliche Handeln, Erschaffen, Wirken ist mehr oder weniger Ausdruck, Funktion oder auch Selbstzweck von Kultur. Ihre Form und Substanz haben je einfachere oder höhere, komplexere Ebenen wie in der sprachlichen, musikalischen oder bildenden Kunst.

Je weniger Nutzen, je mehr Sinn stiftend, umso mehr Geist basiert, darin gebunden, davon erzeugt ist Kultur. Je weniger pragmatisch-empirisch, je mehr abstrakt-symbolische Ausdrucksformen als kultureller Beitrag geschaffen oder aufgenommen werden, umso mehr tendiert Kultur zum Raum- und Zeitlosen.

So unterschiedlich Form und Mittel sein mögen, so sehr basiert Kultur auf freiem, schöpferischem Gestalten. Die Entwicklung und Entfaltung von Kultur ist Symbol und innerer Gehalt freier menschlicher Verlebendigung geistiger Prozesse. Ohne Kultur ist die menschliche Entwicklung nur als rein existenzbezogen denkbar, daher trifft wohl noch eher zu: Die menschliche Existenz als Zivilisation ist ohne Kultur nicht vorstellbar. Kulturbezogene Vermittlung und Interaktion ist zutiefst dem Wesen des Menschen eigen und letztlich Ausdruck und Folge seiner tiefreichenden Neigung zur Transzendenz. Das “nach Höherem” strebende Wesen des Menschen findet in seiner Kultur reine Entsprechung und ist so unabdingbarer Teil seiner metaphysischen Existenz, maßgeblicher Bestandteil seiner individuellen wie gesellschaftlichen Würde. Kultur ist der Ausdruck des unabdingbaren wie freien Gestaltungwillens des Menschen.

Kultur kann verschiedene Wirkungsgrade, -ebenen, -mechanismen integrieren: Fühlen und Denken, Geist und Materie, Idee und Realität, Leidenschaft und Vernunft, Sinn und Sinnliches, Märchenhaftes und Wirkliches, Physik und Metaphysik usw. Dabei ist Kultur zumeist Ausdruck des schöpferischen Potentials des Selbst: individuell und transpersonal, zugleich potentiell überindividuell und universell. So verbindet Kultur nicht nur das Ich des Empfängers mit dem transzendierenden Selbst, sondern auch die Menge aller Selbst – Gruppen, Gesellschaften -, die in ihr oder durch sie zusammenfinden. Kultur öffnet zur Internalisierung, begründet zwischenmenschliche Verbindung und Vernetzung, fazilitiert transformatives Verstehen, Begreifen und Gestalten. Dies liegt wohl insbesondere auch in ihrer ästhetischen Funktion begründet.

Alles, was nicht direkt der Naturschönheit, sondern schöpferischem Gestaltungswillen menschlicher Kultur entspricht, kann als “schön” empfunden, erkannt sein. Was immer in diesem Sinne als ästhetisch oder von Ästhetik umfasst eingeschätzt werden kann, die Wahrnehmung, Wahrgenommenheit als solche gilt der dann jeweils außerhalb des Menschen liegenden Form, Bewegung, Struktur, Konstellation, Interaktion.

Und je nach Maß zu erkennender Harmonie verbindet die sinnliche Wahrnehmung des Ästhetischen direkt mit dem Selbst des betrachtenden, wahrnehmenden Menschen. Das Erhebende oder als Erhaben Empfundene sensibilisiert und “überspringt” dabei gewissermaßen das für gewöhnlich filternde Ich. Die ästhetische “Schwingung” des internalisierten Objekts verbindet sich mit der Qualität und Intensität, mit der das Selbst aktivierenden Imagination des Schönen. Das äußere Objekt verschmilzt mit der im Inneren bereits existierenden Vorform des Ästhetischen und komplettiert die Idee über das Reale durch das Reale selbst.

Dabei geschieht etwas eher recht Seltenes: Ich erkenne im Äußeren, was in mir ist; über das Äußere finde ich das Schöne im Inneren. Mein Selbst trifft auf seine in der Realität verkörperte Identität, das Schöne formt mein Bewusstsein über die Erhabenheit des Selbst. Dieser Prozess, dieses Erleben ist dieses Momentum vollkommener Harmonie, was die erste Wirkung des Objektes beinah verblassen lässt. Das Selbst erinnert, verinnerlicht, empfängt sich selbst. Das Bewusstsein, die Bewusstheit des Schönen erfährt sich schließlich innen ganz unbegrenzt und verlebendigt; ohne dieses wäre die äußere Schönheit annähernd umsonst. Denn das Selbst ist Quelle, nicht Spiegel des Schönen – beim Schöpfenden wie beim Wahrnehmenden.




FREUDE


Jeder Leser weiß um den Begriff, das Gefühl, das Empfinden äußerer und innerer Freude. Natürlich gibt es häufigere oder seltenere, kleine oder große, tiefer oder weniger tief reichende Arten von Freuden. - Hier geht es mir um die Freude prinzipiell, ihre Funktion im Verhältnis zum menschlichen Selbst.

Zunächst: Freude entsteht nicht als Gegensatz oder aus der Absenz von Leiden. Freude beruht auf sich selbst; ihr Auslöser bildet eine direkte Einheit mit dem Empfinden, dem auf- und wahrnehmenden Bewusstsein des Selbst. Als solche ist sie – im Falle wirklicher und anhaltender Freude – immer auch frei. Freude kann also nicht auf Druck, Begrenzung, Selbstbetrug, nicht mal auf egomanischer Projektion beruhen, denn sie entsteht aus tatsächlicher Freiheit und Authentizität. Je höher daher das Selbst entwickelt ist, umso tiefer reicht das Empfinden der Freude, so klein und alltäglich der Auslöser erscheinen mag.

Zudem hat Freude verschiedene Richtungen des Verlaufs und der Intention: Ich kann mich auf oder über andere Menschen freuen, ich kann mich mit ihnen freuen, ich kann anderen und auch mir selbst eine Freude bereiten. Jedenfalls liegt, analog zur Wahrnehmung des Naturschönen oder des ästhetischen Objekts, die Quelle, das Maß und die Qualität des freudigen Empfindens immer und ausschließlich im Selbst begründet. Das im Falle der Freude sehr bewusste, direkte und unverfälschbare Wahrnehmen und eben Selbst-Wahrnehmen identifiziert das individuelle Selbst sehr klar und transparent. Denn das Erleben von Freude aktiviert sämtliche wesentlichen 
Empfindungsebenen wie etwa die der Erhabenheit, der Gelassenheit, der Losgelöstheit, der Harmonie und des Gleichgewichts. Ich erlebe das Verschmelzen des Augenblicks mit der Gegenwärtigkeit meines Seins sowie der Größe und Weite, das Momentum der Einheit mit “Gott und der Welt”.

In der Freude erkennt und empfängt sich das Selbst wohl am reinsten. Diese Reinheit bedarf keiner Bewertung mehr nach Gut und Böse, gut und schlecht, positiv und negativ usw. Das vom Ich unabhängige Selbst schöpft eben aus sich selbst; der zuerst noch außen liegende Auslöser der Freude ist lediglich Initiationspunkt, wie es dessen auch bei Erleuchtungserlebnissen oder Eingebungen bedarf. Der Kulminationspunkt aber liegt im Selbst, wo alles Denken und Fühlen zusammenfließen, sich zentral vereinen. Genau hier liegt der Quellgrund für das Entstehen dieses nach außen hin ganz ungebundenen, gelösten inneren Erkennens des Freudigen, für seine tiefe Rührung, für dieses unendliche Strahlen.

Diese Art der Präsenz des reinen Selbst, dieses Strahlen, dieses Momentum, die Welt zu umarmen, lässt mir das “Phänomen” Freude so unendlich bedeutend für das menschliche Wesen, auch seine zwischenmenschliche Vermittlung und Verbindung erscheinen. Daher sollte Freude nicht Ziel zumal im prophezeienden Sinne, sondern ein gegenwärtiger Generalzustand sein. Dieser Zustand kann und muss nicht pausenlos bestehen, zugleich ist Freude nicht oder umso seltener zu erleben, wenn ich lediglich auf die Auslöser von außen warte. Da der Grund der Freude schließlich nur im Selbst ruht, hat das Selbst und das Selbst geführte Ich die schöpferische Gabe und gebündelte Energie, die Gelegenheiten der Freude vor allem selbst zu generieren. Aus sich heraus Freude zu schöpfen, schafft das erhebendste und erhabenste Momentum des Selbst, sich zu leben. Die Gelegenheiten dazu sind endlos – eben wie das aus Geist gezeugte Selbst.





VI          SPIRIT CODES UND WELT


Die Entwicklung des Menschen bezeichnet vor allem seine Einrichtung in dieser Welt, zugleich auch mehr: die Errichtung seiner spezifisch so gewollten oder gesollten Welt. So soll einerseits ein behauptetes Paradies verloren sein, andererseits wurde des Menschen Wille sein “Himmelreich”. Dieses Himmelreich war und ist die lebensrettende, Erlösung prophezeiende Projektion, die die erforderliche Kraft zu spenden versprach oder nach wie vor vorgibt. Die damit verbundene “Erkenntnis in die Notwendigkeit” zentrierte die willensbildende Kraft des Menschen in äußeren und außengeleiteten Fixpunkten, in externalisierenden Meta-Deutungen des Heils sowie in der die Transzendenz des individuellen Menschen absorbierenden Imagination etwa über die “Rückkehr ins Paradies”.

Diese Entwicklung des Menschen hat so zur Errichtung einer Welt, zum Bau eines großen äußeren Tempels, zur Etablierung eines Systems geführt, die das “Selbst ins Exil” (Marc Jongen) geschickt hat. Die transzendente Kapazität des individuellen Selbst verkümmert(e) und begnügt(e) sich mit den Errungenschaften bloß des Ich.

Bei allem Respekt und auch bei aller Bewunderung für manche dieser sogenannten zivilisatorischen Errungenschaften und für das ungeheure Wissen, das wir ansammeln konnten, dennoch stellen sich die Fragen: Haben wir eine dem Menschen und seiner Weiterentwicklung angemessene Welt geschaffen? Wollen oder müssen wir uns hin zu einer Weiterentwicklung öffnen, die nicht Systemfunktionen als solche, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellt? Sind die traditionellen Muster, Methoden, Programme und Stereotypen kollektiven Zusammenlebens nicht überholt? Ist es für die Entwicklung des Menschen ausreichend, sich in zumeist bequeme Zufriedenheit über das Erreichte im Sinne existentieller Lebensbewältigung und Genügsamkeit “fallen zu lassen” und dauerhaft darin einzurichten?

Die Entwicklung des Menschen und seiner Welt, dieser globalen wie vielschichtigen Architektur seines äußeren Tempels, ist nachvollziehbar und verständlich, dennoch: Sind wir darüber wirklich erwachsen geworden? Ich denke: Nein! Wir gebärden uns wie Heranwachsende, die im Gefühl umfänglicher Freiheit und voller Autonomie ihr Ego kraftvoll ausleben in dafür typischer Überschätzung und Selbstgewissheit. Deshalb behaupte ich weiter: Wir sind gerade erst dabei, die “Pubertät” zu verlassen.

Vielleicht ist es dem Leser gerade in den letzten Jahren auch schon einmal oder womöglich mehrfach passiert, ganz unterschiedliche Menschen zu erleben, die resigniert erscheinen, kapitulieren, sich weiter ins Private zurückziehen. Manche eher unbefangene Menschen, die “alles hatten”, habe ich gehört, wie sie sagten, dass sie nicht wissen und sich nicht vorstellen können, “wie es weitergeht” - gemeint war das Ganze, das Gesellschaftliche, das Zusammenleben und Wirken der Menschen. Nicht im Einzelnen, nein, ihr Leben im Zusammenhang mit den anderen erschien ihnen irgendwie ausweglos oder begrenzt, einer Zukunft verschlossen. - Welche Dunkelziffer von Menschen mit dieser Art Frustration mag es geben?

Natürlich ist auch ein mehrfach einzelnes Erleben nicht repräsentativ, dennoch: Diese Alarmzeichen eines Stillstands oder sogar Regresses menschlicher Entwicklung sind klar und offen wahrzunehmen, vor allem nicht weiter zu ignorieren. - Wie geht es also weiter?

Eine Antwort auf diese Frage ist zuvörderst und zu allererst eine individuelle, eine Antwort des sich entwickelnden reflektierenden, fühlenden und wahrnehmenden Geistes im Bewusstsein des Selbst. Denn das Ich kann bei aller Würdigung seiner Errungenschaften hier nicht (mehr) helfen; dieser beschriebene Stillstand ist eben zugleich vor allem eine Art Ende des bloßen Ichs, eine Verflachung seiner Entwicklungspotentiale, ein langsames Auslaufen seiner Impulse und Energien. Diese zunehmend begreifbare Leere wird noch manchmal mit einer Art aufbäumenden egomanischen Projektion versucht zu kompensieren, sehr wohl ahnend, dass der finale Zustand damit lediglich – wenn auch untauglich – aufgeschoben ist.

Dieser Endpunkt ist das Ende des glatt funktionierenden Ichs, das Ende einer Ich-projizierenden, projizierten Welt, aber nicht das Ende der Welt. Wirre Allmachtsphantasien einzelner “Weisheitlicher” langweilen mit den alten Mustern sich prophetisch gerierender egomanischer Projektion in Form von apokalyptischen “Weissagungen” und wieder nur außerhalb des Menschen liegender “Voraussagen”, um Horror und Angst zur Steuerung des sich anvertrauenden Menschen zu nutzen. Genau aber diese theo-/ideologischen wie sektiererisch-prophetischen Techniken führen damit nicht nur ihr Versagen vor, sondern belegen den Grund für das Ende des bloßen Ichs sowie Über-Ichs.

Dieses vergehende, sich paralysierende Ich erscheint – gemäß Freud'scher Systematik formuliert – als ein liebenswertes Kind-Ich, dominiert vom Über-Ich gesellschaftlicher Sekundärtugenden. Die menschliche Entwicklung verlangt aber ebenso nach wesentlich mehr, um den insbesondere auch selbstgeschaffenen Anforderungen zu entsprechen. Daher ist der Endpunkt des Ich natürlich nicht das Ende der Welt, im Gegenteil: Der Endpunkt ist der Kipppunkt, das Ende der Einseitigkeit aus der Dominanz des Ichs und seiner Selbst-Vergessenheit, das Ende der “Ausatmungsbewegung” (Jongen), der Übergang zur “Einatmung”, der Anfang der Rückkehr zur Verbindung mit dem Wesentlichsten des Mensch-Seins: seinem Geist geführten Selbst.

Genau daher sind die fragenden, suchenden “Augen” nach einer Antwort auf die o. g. Frage, wie geht es weiter, liebevoll nach innen zu wenden, das Innere aus seiner Verbannung zu befreien, das Selbst wieder atmen zu lassen und den unendlichen Raum des Geistes bestimmen und wirken zu lassen. Die Antwort kann nun endlich nicht mehr außen liegen, auch nicht in diesen Zeilen. Das sich aufschließende Selbst verfügt über jede denkbare Antwort, es verdient größt mögliche Hingabe, sich genau dem und nur dem anzuvertrauen.

Und wenn sich dann die “Augen” wieder nach außen wenden und öffnen, kann die Welt unendlich frei als das wahrgenommen und begriffen werden, was sie eigentlich ist: Eine große Fusion, eine Ganzheit und Einheit großartiger Energien und verbundener Potentiale, um mit den anderen Selbst werdenden Menschen die Verbindung und das Gleichgewicht zwischen Innen und Außen wiederherzustellen, die Welt schöpferisch, eben co-kreativ weiter auszugestalten durch die Verlebendigung des Geistes. Eine so gestaltete Welt, eben als reale Projektionsfläche des Selbst, braucht dann weder dem Verlust des Paradieses nachzutrauern noch auf eine Rückkehr desselben zu hoffen oder zu warten.

Die Verlebendigung des Geistes beginnt mit dem werdenden Bewusstsein des Selbst vor allem als Equilibrium; der Anfang kann ermutigt und vereinfacht sein durch die Entwicklung des je individuellen Spirit Codes eines Menschen und/oder einer Gruppe.

Der Spirit Code als affirmative Konklusion des Selbst, als Gebrauchsformel des Wesens Mensch, als geistig erzeugtes und gefasstes Format, bietet gewissermaßen die Scharnierfunktion, jeweils Innen und Außen zu verbinden, das Ich durch – und ausschließlich durch – das Selbst zu begründen, eben besagten Kipppunkt auszugestalten. So können das vielfache Wissen und die reichhaltigen Erfahrungen des Ich genutzt, integriert, zugleich sein Stillstand, seine Leere durch das transzendierende Selbst überwunden werden: eben individuell und zugleich transpersonal. 

Wie schon oben beschrieben, hier nochmals anders gewendet: Der Endpunkt des pubertierenden Ichs ist der Anfangspunkt des aufwachenden Selbst, des Erwachsenwerdens. Die Dynamik dieses Prozesses menschlicher Entwicklung liegt in des Menschen Selbst und hat gerade begonnen.




VII        SPIRIT CODES UND WELTGEIST


Das nachfolgende und vorläufig abschließende Kapitel verfasse ich anstelle eines Nachwortes in dem Versuch, mich teils wiederholend oder zusammenfassend, eine Art Zentralperspektive – nochmals: ohne konzeptionellen oder programmatischen Anspruch – zu entwickeln als Antwort auf  die Frage: Wie lässt sich die Lebensqualität des Menschen und der Menschen wesentlich steigern und ins Eigentliche erhöhen? Oder anders gefragt: Wie lässt sich die individuelle Entwicklung und zugleich die Qualität des Zusammenlebens von Gruppen und Gesellschaften nachhaltig transformativ gewährleisten?

Der Leser mag bemerken, dass ich die Frage nach dem “Ob” überspringe, denn Weiterentwicklung entspricht der Natur, dem Wesen des Menschen. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Einzelnen wie in Gruppen die aktuelle (Nicht-) Entwicklung nicht nur als Stillstand, sondern als tiefer reichende Entfremdung des Menschen von sich selbst wie von anderen erkannt werden kann. Und wenn die Ursache dafür in der Dominanz des Ichs als zentraler Figur der letzten Jahrhunderte hin zur äußeren Befreiung des Individuums identifiziert wird, dann ist die oben gestellte Frage vor allem im Sinne des “Wie” zu beantworten: durch die innere Befreiung des Individuums hin zum Selbst bei gleichzeitig befriedender Einbeziehung des Ichs.




PERSONALITÄT – DAS ICH


Das übliche Ich lebt in der Regel in und aus den statischen und gewohnten Mustern der “Normativität des Faktischen” oft auch als Angst begründende Regel, womöglich “übernommen” zu werden, nicht “genug” zu bekommen oder “wie immer zu kurz zu kommen” usf. Diese trügerische Sicherheit, sich ausschließlich dieser wohl überkommenen Verhaltensvorräte zu bedienen, wird durch die “beweisführende” äußere Erfahrung genährt. Und so lässt sich scheinbar kein Ausweg aus diesem einen Irrgarten verursachenden Circulus Virtuosus finden, obwohl die Begierde, daraus auszubrechen, geahnt zu werden scheint.

Genau mit dieser Begierde, noch als Vorahnung ohne Kontur, beginnt es, hier setzt die Befreiung des Ich ins Innere, ins Höhere an. Denn diese innere Befreiung ist natürlich nicht die Freiheit vom Ich oder die Befreiung ohne oder gegen das Ich, nein, es geht um die Entwicklung der notwendig starken, klaren, reinen Führung des Ich durch das Selbst.

Die Bewegung des Ich als um sich herum kreisende Endlosschleife, einer Scheibe gleich, öffnet sich also “nach oben”, dem Prozess, der Dynamik der inspirierenden und ordnenden Bestimmung des Selbst. Und diese Selbst–Bestimmung ist - wie oben abgeleitet - immer eine geistige Funktion, die wesentlichste des Geistes. - Damit ist eine Schicht der Eingangsfrage des “Wie” klar zu beantworten: durch das Geist geführte Selbst des individuellen Menschen.




TRANSPERSONALITÄT – DAS SELBST


Und während sich der individuelle Mensch aus sich heraus, eben aus der Position des (wieder-) gewonnenen Selbst wahrnimmt und in der Verbindung von Selbst und Ich zu Ruhe kommt, nimmt die Entfremdung ab, das Wissen um sich Selbst zu. Dieses Bewusstsein von Selbst-Kenntnis und Selbst-Transzendenz, dieser Prozess der Involution – hier vor allem als Selbst-Internalisierung oder Selbst-Verinnerlichung – fazilitiert gleichzeitig die Kapazität und Intensität der Fremdwahrnehmung: Die korrespondierende Internalisierung des/der jeweils anderen Menschen Selbst.

Die Emanzipation des Selbst also befreit, hebt und weitet den Blick auf das andere Selbst. Das Selbst erhöht so zur eigentlichen Individualität; aus der inneren, vertikal wirkenden Kraft fließt zugleich die horizontale in die äußere Wahrnehmung und Kommunikation. Das Ego wird nicht entpersonalisiert, sondern trans-personalisiert; das Selbst formt die ‚transpersonale Individualität‘.

Nicht aus der materiell bedingten Enge des Ich, sondern aus der freien, eben geistigen Sphäre des Selbst werden Verbindungen begründet und gepflegt. Eine transformierte Art und Kultur des Verstehens und Erkennens kann so zu substantiell begründetem Vertrauen und schöpferischer, zumal nachhaltiger Interaktion führen.

Das Equilibrium des Selbst, die vertikale (Wieder-) Herstellung des sogenannten “Gleichgewichts der Kräfte” (zwischen innen und außen) stellt damit auch ein horizontales Gleichgewicht her, wobei das Transpersonale die jeweiligen Kräfte zur Fusion befähigt. Die einkehrende Harmonie, die kooperative Kongruenz (statt Konkurrenz) in der Kommunikation erzeugt eine Art Schönheit, Eleganz der Konstellation, eine Kultur der Freude, eine umfassende Harmonie, eine ungestörte Präsenz von Fühlen und Denken im Austausch, eine wechselseitig sich ergänzende, fusionierende “Metaphysik der Sinne”.

So lässt sich durch die Verlebendigung des Geistes und die Entwicklung des Selbst nicht nur die Lebensqualität des einzelnen Individuums, sondern auch die zwischenmenschliche Qualität, Leben aus dieser Kultur der Verbundenheit zu gestalten, wesentlich erhöhen und verstetigen. Denn – spätestens seit Aristoteles ist bewusst: Der Mensch ist ein kommunikatives und gesellschaftliches Wesen.




INTERNALISIERUNG DES TRANSZENDENTEN


Vor allem kehrt die lebendige Umsetzung des Selbst die zwischenmenschliche Interaktion um bzw. mit umfasst die Transformation zur Konkordanz mit dem kosmischen Gesetz von der Ganzheit und Einheit, jedenfalls Verbundenheit aller Wesen. Den Blick darauf gibt das transpersonalisierende und transzendierende Selbst frei, indem es Ebenen des Transrationalen einbeziehen, verstärken und für höher frequente Ebenen und Schwingungen sensibilisieren kann.

Auch das der Kausallogik verhaftete, kritische Bewusstsein des Ich erkennt zunehmend an, dass der Mensch, auch seine Forschung an den Grenzen des traditionell Erfassbaren, Erklärbaren, Beweisbaren angelangt sind. Auch die Astrophysik hat bestätigt, dass nach gewohnter menschlicher Denkgesetzlichkeit und auch mit überdurchschnittlicher Intelligenz die letzten Gründe des Universums sowie die Ursachen unserer Existenz so nicht erklärt werden können. Diese “letzten Gründe” folgen dennoch wohl der universellen Gesetzmäßigkeit und entsprechender kosmischer Dynamik, die wir jedenfalls zunehmend erkennen können und erschließen.

Energien, Bewegungen, Verbindungen, Konstellationen usw. lassen sich also als Funktion des kosmischen Gesetzes beschreiben und deuten, zugleich entziehen sich folglich das “Woher, Wohin?” rationaler Analyse. Die Überwindung diesen immer noch Ich–geprägten Horizonts liegt im Dahinter-Schauen, im die Hintergründe des Seins aufnehmenden Sich-Öffnen zum Transrationalen. Während das menschliche Ich das Unbeweisbare projizierend “beantwortet” und sich “glauben-macht”, geht es im weiteren Entwicklungsschritt um die Bewusstseinserweiterung in das Raum- und Zeitlose, das Für-Wahr-Halten universell bestimmter letzter Ursachen und Wirkungen, die Freilegung inneren Ahnens und Wissens, eben geistigen Erkennens, inkorporiert durch die Transzendenzfähigkeit des Selbst.

Das meditierende, kontemplierende Selbst kann in Denken und Fühlen aus der dimensionalen Erweiterung seines Empfängerhorizonts andere als gewohnte Töne und Frequenzen, Schwingungen und Zusammenhänge, Verbindungen und Sphären aufnehmen und also für-wahr-nehmen. In der Bewusstheit des sich und die Welt reflektierenden Selbst wird der “inneren Stimme” der Raum und Weg geebnet, sich zu kanalisieren, zu profilieren, zu vermitteln. Scheinbar paradox: Die Hinwendung ins Innere befähigt zum Hören, zum Sehen, zum Erkennen des Unerklärlichen. Der innere Raum entwickelt sich in eine dem Universum analoge Formation, das Selbst wird zum “Resonanzboden” der kosmischen Gesetzmäßigkeit. So fusioniert das Selbst Innen und Außen, Geist und Materie, integriert und transformiert scheinbare Gegensätze und führt das Sein (zurück) in die Harmonie des Eins-Seins mit dem All – dem All-Einen.




INNERER TEMPELBAU


Diese Art des Fühlens und Denkens hin zum Erkennen, Erleben und Empfinden des Selbst, dieses geistig erzeugte “Nach-Hause-Kommen”, dieses Eintauchen oder “Fallen-Lassen” in die innere Harmonie meines Selbst ist vergleichbar mit dem Wahrnehmen des Schönen und dem Empfinden von Freude. Genau in dieser Frieden und Einheit stiftenden “Metaphysik der Sinne” liegen Ursache und Wirkung, Architektur und Material für den Bau des inneren Tempels begründet. 

Der Bauplan ist der Spirit Code, das Fundament ist die Metamorphose zum Selbst, die Säulen stellen Denken und Fühlen, die verbindenden Bögen erzeugt das Geistige, den Schlussstein fügt das kosmische Gesetz. Auch der Art und Weise, wie das Licht einfällt, der Ästhetik bei der Gestaltung von Ornamenten und der Abstimmung der Farben sind keine Grenzen gesetzt, denn der innere Tempel ist dynamisch, entwicklungsoffen und stetiger Prozess. Diese Art Tempel erfüllt jeweils die individuellen Bedürfnisse des Menschen, seines Selbst, das sich lebendig in der Raum- und Zeitlosigkeit des Geistes entwickelt und entfaltet.

Und während der innere Tempelbau beginnt, die Tempel des äußeren zu integrieren, zugleich die Bestimmung von diesen abzulösen und nach innen auszuwählen und zu transformieren, werden die Konturen einer wesentlichen Fragestellung immer deutlicher: Was ist mir heilig? Oder: Was wird mir im Prozess meiner Wandlung zum Selbst bestimmten Ich das äußere Heilige, die Heiligtümer der Welt ersetzen?

Im Falle dieser Fragestellung ist es mir wichtiger, sie hier einzubringen und zu benennen statt den letztlich untauglichen Versuch zu unternehmen, diese zu beantworten. Natürlich liegt die Antwort je im individuellen Selbst; und sie kann dem einzelnen Leser von zentraler Bedeutung sein. Denn heilig ist etwas, was ich als “letztes”, also Höchstes verehre, am wenigsten missen oder verlieren möchte, das wirklich Wichtigste, das ich “habe”.

Zugleich, auch wenn das sogenannte Heilige oder für heilig Erklärte traditionell im äußeren Bezug “verortet” ist, rührt dennoch seine eigentliche Wirkung aus dem je individuellen Inneren. Genau diese Qualität der Empfindung, des Schauens, des Verinnerlichens, des Wahrnehmens transzendierender Erhabenheit bringt das Selbst zum Schwingen, zum Vibrieren. Und was eben noch erinnernde Wirkung war, wandelt zur Rückbindung des Ichs an das Selbst, das Selbst wird zur Ursache des individuell erkannten Heiligen. Außen finde ich lediglich, was ich bereits in mir trug und trage.
In Anlehnung an Gandhis berühmte Frage: “Warum suchst Du draußen, was Du in Dir trägst?”: 

Während eben jenes Suchen in einer Sackgasse endet, wie ungleich erhabener ist das Momentum besagten äußeren Findens dessen, “was ich in mir trage”. Genau diese Harmonie zwischen Innen und Außen “belohnt” das Selbst, das sich in eben diesem Moment – nicht als Augenblick – in und aus diesem “Geist zu leben” uneingeschränkt und in seiner ganzen Weite und Dichte erfährt und begreift.
So brauchen die äußeren Heiligtümer und Tempel auch nicht ersetzt zu werden, weil sie als sinnliche Erfahrung, als äußeres Bühnenbild einbezogen sein können, während sich der innere Tempel des Selbst zur zentral bestimmenden, lebendigen inneren Bühne des individuell Heiligen formt und ganz neu ermächtigt.




SELBST UND WELT


Die Welt beginnt im Selbst! Denn am Anfang ist Geist. - Wenn ich dies genauso feststelle, dann will ich nicht nur ermutigen, sondern provozieren, den entscheidenden Schritt ins Selbst zu unternehmen oder eben diesen geistigen Weg weiter zu beschreiten. Weder Geist noch Selbst, so fremd sie im ersten Augenblick erscheinen und sich anfühlen mögen, sind mystisch oder in einer Art Mysterium, unantastbarem Heiligtum oder für heilig „geglaubtem“ Arkanum verschlossen.

Der geistige Prozess zum Selbst, unterstützt durch die Entwicklung des jeweiligen Spirit Codes, ist die eigentliche Begründung, die harmonisierende Abrundung menschlicher Individualität. Die wahrhaftige Selbst–Bestimmung des Ich, der Ausgleich zwischen innen und außen, von innen nach außen geführt, schärft die Sinne und die Gegenwärtigkeit im Sein. Das Equilibrium stärkt das reale Selbst–Bewusstsein und die Kapazität, das Selbst des andern zu erkennen, zu erfassen. Das Transpersonale im individuellen Selbst qualifiziert die Verbindung mit dem Du, mit Menschen und Gruppen, privat wie professionell. Die Qualität des Lebens wie des Zusammenlebens wird wesentlich gesteigert und nachhaltig gewährleistet als “nach oben” offener Prozess.

Die Dynamik dieses Prozesses, die innere Befreiung des Selbst zu wahrer, transpersonaler Individualität, ist beliebig skalierbar und exponentiell auf Gruppen, Gesellschaften, Gesellschaftswelten auszudehnen. Denn jeder Mensch, jedes Individuum steht für sich, ist aber dennoch nicht nur nicht allein, sondern zumeist Teil einer jeweils umgebenden Welt je nach Neigung und Entwicklung. Den Geist-basierten Verbindungspotentialen, Räumen und Sphären sind keine Grenzen zu setzen. Je weiter und höher sich die jeweiligen gruppenspezifischen oder gesellschaftlichen Spirit Codes verdichten, verfeinern und zugleich “erden”, je intensiver und konsequenter diese miteinander korrespondieren und einer Harmonisierung zustreben, umso mehr werden die Bedingungen von Ich-Gegensätzen, gesellschaftlichen Unterschieden und einzelnen kulturellen Normen integriert oder/und neutralisiert (“Coincidentia Oppositorum”) und durch die Bestimmung der kommunizierenden Selbst in entsprechender Ganzheit erhöht.

Die Interaktion Geist geführter und internalisierender freier Selbst ist so immanent konfliktlösend, friedensstiftend, schöpferisch transformativ. Dieses “Geist leben, zusammen erleben” sowie “leben und leben lassen” auf diesem Weg bedeutet einen paradigmatischen Wandel traditionell eingefahrener Lebensgewohnheiten. Eine konzentrierte Schrittbildung und Öffnung hin zu dieser Art Metamorphose des Individuums, wie sie zuvor abgeleitet und “durchgespielt” wie reflektiert ist, bietet sich freilich auch dazu an, konstruktive und produktive Wirkungen auf die Verbindungen der Gesellschaftswelten zu entfalten.

Dazu bedarf es keiner “Weltgesellschaft” oder “Weltordnung”, keiner globalen äußeren Fremdverfügung für die “Summe aller Ichs”, sondern von transpersonaler Individualität getragener, Geist geführter Verbindungen, schließlich sich selbst erzeugender Fusion(en) aus wahrhaftigem, freiem Selbst–Bewusstsein.

Ich–geleitete Politiken und Ideologien, egomanische Machtprojektionen und “menschenleere” Systemfunktionen können getrost als rein historisches Lehrmaterial genutzt, zugleich als geschichtliche Modelle endgültig verabschiedet werden. Denn die weiterführende Entwicklung des individuellen Selbst wird der Legitimation durch das Ich nicht mehr bedürfen, sondern eben genau umgekehrt: Begründete Interessen und natürliche Gegensätze werden in transpersonalisierenden Fusionsprozessen gebunden und erfahren ihre Legitimation in der das Equilibrium stiftenden Funktion des eigenen wie der anderen Selbst.

Die Emanzipation des Selbst öffnet die Potentiale innerer Führung. Die Individualität aus bloßem Ego hat den Systemagenten als Massenfunktion etabliert; die Individualität aus dem Selbst erzeugt die transformative Kapazität einer Führung und Beherrschung als Prinzipal. Während die Ego-Zentrik jegliche Systemfunktionen noch bestehender Art paralysiert, ist das Selbst Träger und treibende Kraft gesellschaftlicher Evolution. Diese Evolution beginnt als Involution, denn die Metamorphose der Welt beginnt innen – immer wieder und wieder neu.

Der Leser, der eine solche Entwicklung des Menschen in dieser Welt für unwahrscheinlich hält oder ein entsprechendes Politikangebot vermisst, sei an ein Beispiel der jüngeren Geschichte erinnert: Die Politik der Perestroika sowie Glasnost, zwischen 1985 und 1991 von Michail Gorbatschow eingeführt und auf den Weg gebracht. Natürlich leitete dies zuerst die Befreiung der damaligen betroffenen Gesellschaften vom totalitär-feudalistischen Joch ein; die äußere Erfahrung der Freiheit des Individuums musste und muss erst durchlebt und erfahren werden. Ein Quantensprung in die “Herrschaft des Selbst” war somit unmöglich. Dennoch war diese Politik des sogenannten “Neuen Denkens” konsequent auf die Befreiung auch und insbesondere des Selbst ausgerichtet, die intra- und intergesellschaftliche Legitimation war endgültig auf das Individuum zurückverlagert und im besten Glauben an die Entwicklungskapazität des Menschen eben seinem Selbst anvertraut worden.

Die Größe des Gorbatschow'schen Politikangebots lag und liegt jedenfalls in der auch gesellschaftlichen Verlebendigung des Geistes durch konsequente geistige Führung, in deren Mittelpunkt das Wohl des Menschen stand – aus innerer und äußerer Überzeugung. Denn die Legitimation gesellschaftlicher Macht besteht oder entsteht ausschließlich aus der transpersonal korrespondierenden, komplementären Legitimation des individuell emanzipierten Selbst.

D. h. vor allem auch, das Verhältnis von Macht und Geist nicht mehr als Gegensatz, sondern jedenfalls als gegenseitige Ergänzung, besser: als dem Menschen dienende wechselseitige Internalisierung, als Fusionsprozeß transformativ zu gestalten. Das regierte Selbst ist schließlich mit einer Politik oder mit einem Regieren ohne Geist als (Hinter-) Grund der Macht nicht zu befrieden oder zu regieren; erst die Bestimmung der politischen Richtlinien durch jeweils Geist geführte Selbst legt die Grundlage für legitimes, authentisches und somit gutes Regieren.

In entsprechendem Zusammenhang sagte Gorbatschow in einer Rede anlässlich seines Frankreich-Besuchs zur “200 Jahrfeier Französische Revolution” - wörtlich zitiert gemäß deutscher Übersetzung: “ ... die Anforderungen an die Qualität der Politik, ihre soziale, auch an ihre internationale Verantwortung sind jäh gewachsen. Schrecklich sind Geistlosigkeit und Antiintellektualismus. ...” - 

Bei seinem Italien-Besuch Ende 1989 sagte er gewissermaßen ergänzend: “Der Ausweg liegt in der Vergeistigung des Lebens, im Umdenken hinsichtlich der Haltung des Menschen der Natur, den Mitmenschen, ja sich selbst gegenüber. Eine Revolution des Bewusstseins tut not. ...” - Genau diese Weisheitlichkeit hat ein vor knapp dreissig Jahren machtvoll Regierender ins Stammbuch der Entwicklung des Weltgeistes geschrieben, und er meinte damit alle, Regierende wie Regierte.
Darin verdeutlicht sich schließlich auch, dass die Tage bloß Ich-basierter gesellschaftlicher Prozesse von Führung und Legitimation gezählt sind. Und je schneller diese “Abenddämmerung” dieser alten Welt vergeht, umso mehr wird ein zeitloser Weltgeist aus dem Selbst der menschlichen Weiterentwicklung gerecht.

Unzählige Indikatoren einer Art transformierenden Weltgeistes sind erkennbar, der sich insbesondere in der vernetzten Welt exponentiell ausdehnt, verbindet und inkorporiert. Die “Morgendämmerung” transpersonaler Individualität hat also bereits begonnen, noch asymmetrisch und in Parallelgesellschaften. Dennoch bilden diese Individuen die “kritische Masse” des Essentiellen hin zur inneren Referenz des Selbst, bestimmt und geführt von Geist, einem Weltgeist, der wohl noch am Anfang seines vollen Durchbruchs steht. Vielleicht ist es weniger ein Neuanfang, wohl mehr ein kurzer Übergang, denn die wahre Welt beginnt im Selbst, und das Selbst ist “greifbar” nah. Nur ein “Einatmen” weit ist es entfernt; das Selbst war und ist immer da – auch unbewusst und ungewusst. Es erwartet das sich rückverbindende Ich durch die “Verlebendigung des Geistes und Vergeistigung des Lebens”, also “Geist zu leben”, aus Geist zu regieren - im Kleinen wie Großen, im Einzelnen wie im Ganzen!





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LITERATUREMPFEHLUNGEN




BRUNTON, Paul          
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BURTON, Debra C.
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Weltpolitik im Umbruch, München 2002

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TEILHARD DE CHARDIN, Pierre
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Über den Autor

J. Michael Heynen, Jahrgang 1958, lebt in Brüssel und ist als internationaler Politikberater sowie als Institutsleiter tätig. - Nach dem Studium (Politik-, Rechtswissenschaften, Staatsphilosophie) war er als selbständiger Wirtschafts- und Politikberater in Frankfurt a.M. niedergelassen, bis er ab 2000 als Political Entrepreneur nach Brüssel wechselte.

Neben strategischer Politikberatung und der Koordinierung internationaler Projekte gründete Heynen 2005 den ersten Rat für EU-Außenpolitik in Verbindung mit dem SynPolis Institute für Internationale Politikberatung. 2009 folgte die Gründung des Cetamorphosys Instituts für Internationale Beziehungen, spezialisiert auf Verfahren zur präventiven Konfliktmediation. Daraus entstand der Aufbau eines weiteren Beratungsfeldes: Das ‚Governance und Concordance Counseling‘ für die koherente wie transformative Weiterentwicklung von Mensch und Gesellschaft im internationalen System.

Zur wesentlichen Erweiterung seines Tätigkeitsfeldes begründete Heynen ab 2010 innovative Coaching-Verfahren für Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Dabei stehen Verfahren zur transformativen Organisations- und transpersonalen Politikentwicklung von Gesellschaftswelten im Mittelpunkt. 2016 gründete Heynen das MetaCode MC Institute for Metapolity Governing & Metapolicy Governance Regimes MetaCode.webnode.com.





Weitere Texte des Autors auch auf diesem Blog:  

WELTMACHT SELBST - 

Reflexionen, Maximen und Leitlinien zum Neubeginn einer Menschen-Welt



Die Erstausgabe von 'SPIRIT CODES' kann auch als eBook unter
als Printversion direkt über den Autor: heynen.irc@gmail.com bezogen werden.




Erstveröffentlichung ‚Spirit Codes‘: Januar 2012
© J. Michael  Heynen, Brüssel
Verlag LULU.com - ISBN 978-1-4710-3132-8